Übersicht |
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Übersichtskarte Fakten Video Bilder Prolog |
Tag 1 – 1126 km Tag 2 – 140 km Tag 3 – 269 km Tag 4 – 311 km Tag 5 – 212 km |
Tag 6 – 218 km Tag 7 – 288 km Tag 8 – 251 km Tag 9 – 265 km Tag 10 – 1126 km Fazit |
Übersichtskarte
Video:
Hier gehts zum ganzen Film – über 1 Stunde: https://www.youtube.com/watch?v=RwX9-mqR6No
Fakten:
Kosten & Verbrauch:
An- & Abreise ~2300km (Sprit/Gas, Maut, Fähre): 655,50 Euro
Motorradkilometer: 2167km
Motorradfahrtage: 9
Kosten gesamt: 1500€ pro Person
Benzinverbrauch der Moppeds:
GPZ = 91,06 Liter; 152,12 Euro; ø 4,287 l/100km
XJ = 102,85 Liter; 160,80 Euro; ø 4,643 l/100km
Speicherplatz: 66GB Fotos und Videos
Prolog
An einem gemütlichen Grillabend mit der gesamten Familie im Herbst überlegten Cappo und ich uns wo es 2019 hingehen sollte. Wir hatten ja noch die Ziele für die nächsten Jahre im Kopf: Sardinien, Korsika und Südnorwegen fürs erste.
Nach Absprache mit der Familie – wegen dem Zeitraum und der Dauer und was da noch so an Debatten dazugehört – endschieden wir uns für Anfang September und Korsika. Der Zufall wollte es so, dass Cappo im Januar ein Angebot für einen Motorradanhänger auftat: Ausgestattet für 2 Motorräder, den wir nach Besichtigung günstig kauften. Getauft haben wir ihn auf den Namen: Mopped Rolli.
Im Laufe des Sommers hat Cappo recherchiert und Vorbereitungen für Reise abgeschlossen – größtenteils mit Google und Maps. Fähre ab Savona – hin und zurück, ein Hotel in Bastia für An- und Abreise – beides schon bezahlt. Eine Karte der Insel hatten wir schon am Jahresanfang gekauft: Michelin im Maßstab 1:150.000.
„Na denn – FFN“. Viele nützliche Infos gabs im Korsika-Forum.
Die letzten beiden Tage vor der Abfahrt wollten gar nicht vorbei gehen und immer noch grübelte ich über die Dauer der Anreise zum Hafen. Google Maps half da nicht sehr viel weiter. 1200km – 100km/h Anhänger – Berufsverkehr und dessen Staurisiko – Materialschwäche… all das kennt Google nicht.
Anreise:
02.09. Montag um 06:30 Uhr
Cappo kam pünktlich (ausnahmsweise mal) rüber, denn die Fahrzeuge hatten wir am Vortag schon verladen, Klamotten verstaut und eine Probefahrt gemacht. Kurzer Abschied von meiner Frau und seiner Familie: „Schönen Urlaub und passt auf euch auf!“, riefen sie uns hinterher.
„Wie immer!“ antworteten wir und machten uns auf den Weg nochmals seiner Familie „Tschüss“ zu sagen. Ted war noch ganz verschlafen und sagte wörtlich zu uns: „Ich wünsche euch einen schönen Mopped Urlaub und kommt heile wieder.“ Wir waren baff. Natürlich beobachteten wir den Mopped Rolli auf der Fahrt erstmal besonders intensiv. Es gab aber keinen Grund sich Sorgen zu machen. Das Ding rollte fröhlich hinter uns her. Die Moppeds darauf auch.
Um kein Zeit-Risiko einzugehen, die Fähre zu verpassen, kauften wir kurz vor Österreich beim Tanken noch die Vignetten für Österreich und Schweiz. Bei Como war ein kleiner Stau, ansonsten lief es fantastisch. Durch Fahrerwechsel und Unterhaltung über Vorstellungen der Insel, Kosten, Sehenswürdigkeiten… war es sogar recht kurzweilig. „Wusstest du das Napoleon auf Korsika geboren wurde?“ sagte ich. Er: „Nein, wo?“ Ich: „Auf Korsika.“ Er: „Das sagtest du; und wo auf Korsika?“ Ich: „Das musst du googeln, weiß ich nicht.“ Er googelte es nach.
Oder noch so ein Clou: „Korsika ist nur 183km lang und 83km breit.“ sagte er. Ich: „mmmhh…
9 Tage Zeit also 4-mal rauf und runter und 10-mal hin und her…“ Er: „Dann fährst du aber alleine! Du fährst schön immer geradeaus und ich nehme die Kurven…“
Die Fähre der Corsika Ferries ging um 23:00 Uhr von Savona ab und wir sollten mindestens eine Stunde vorher angekommen sein. Perfekt um 21:00 Uhr sind wir in Savona angekommen, so dass wir noch in Ruhe ein Abendessen für an Bord einkaufen konnten. Die Abfertigung auf dem Fährgelände konnte reibungsloser gar nicht gestaltet werden. Die ausgedruckte Buchung mit Barcode vorzeigen, einscannen lassen, Platzanweisung und bitte warten. Die Fähre war noch gar nicht da, so dass wir uns noch entspannt bei der Familie melden und auch in Ruhe unseren Proviant verzehren konnten.
„Da kommt die Fähre.“ sagte Cappo auf einmal, weil ich etwas anderes beobachtete. „Was für ein Dampfer.“ Wir beobachteten das Entladen der Fähre und wurden schon leicht kribbelig. Gegen 23:00 Uhr folgte nun die Verladung. Alles klappte reibungslos. Auto abstellen, Klamotten mitnehmen, die wir brauchten, Koje aufsuchen. Ein Mitarbeiter der Fährgesellschaft schloss nach Prüfung der Buchung die Kabine auf und erklärte uns einiges.
„Komm, wir gehen noch mal aufs Deck und verabschieden uns vom Festland.“ sagte Cappo und wir gingen hoch. Die Verladung war noch nicht ganz abgeschlossen und die Fähre legte erst gegen 00:30 Uhr ab. Manche Leute schliefen auf Deck in Schlafsäcken. Naja, es war ja auch warm genug, aber von weich kann bestimmt keine Rede sein. Wir saßen noch eine kleine Weile auf Deck und sahen das Festland sich entfernen. „Ab in die Koje. Wir werden um sechs Uhr geweckt.“ sagte ich.
Wir schliefen wie Tote.
Ankunft:
03.09. Dienstag um 06:00 Uhr
Eine Durchsage der Bordlautsprecher weckte uns. Es war nicht wer weiß wie laut, jedoch brauchte ich eine Zeit um die Sprachen zu sortieren. Auf Deutsch war da nix oder ich habe es verpennt. 2 Kaffee am Bord zum Frühstück und dann in aller Ruhe zum Auto. Um 07:50 Uhr fuhren wir vom Schiff und per Navi zum Hotel. Echt easy.
Justine, die Empfangsdame vom Hôtel & Résidence Lido Marana, absolut nett und der englischen Sprache mächtig vertröstete uns damit, dass sie uns Kaffee anbot und uns erklärte, dass das Zimmer noch nicht bezugsfähig sei. Wir könnten ja noch zum Meer gehen und schon mal im Mittelmeer baden.
Wir luden erstmal die Moppeds ab und parkten alles Ordnungsgemäß. Latschten anschließend die Geschäftszeilen mal ab und besuchten auch einen 1 Euro Laden… bei dem fast alles 3 Euro kostete. Danach gingen wir zum Strand. 20 Minuten zu Fuß. Tja, dann überkam es uns: “Wer zuletzt im Wasser ist hat verloren!“ Ratzfatz waren wir im Wasser – herrlich – ehrlich 😊 und vom Meer aus betrachteten wir schonmal die Berge im Hintergrund. „Da geht’s nachher richtig kurvig hoch.“, sagte ich. Er: „Nä! du fährst schön geradeaus, keine Kurven für dich.“ und grinste. Wir holten uns auch ein paar Mückenstiche ab.
Auf dem Rückweg zum Hotel – ca. eineinhalb Stunden später – wunderten wir uns über die Preise für 2 Flaschen Wasser und eine Dose Tropcial Drink in einem kleinen Supermarkt. Dafür waren die Zimmer inzwischen bezugsfertig. „Schnell duschen und dann die Gegend mal kennen lernen.“ waren wir uns einig.
Um 13:00 Uhr machten wir unsere ersten schweren Meter mit den Motorrädern auf Korsika.
Wir hatten einen neuen Maßstab für uns errichtet. Cappos kleiner Finger sind 10 km auf der Karte. Mein kleiner krummer Finger die Hälfte. Es war 30° warm, wir deckten uns noch mit kalten Getränken ein und machten uns easy auf den Weg die paar Kilometer Küstenstraße D107 zu nehmen, um in die Berge zu kommen.
Wir fuhren wäre leicht übertrieben. Die Straßen waren so schmal wie in Deutschland die Rad- und Fußwege. Wir nahmen uns die D7 Richtung Borgo bis Bigorno aufs Korn. Grade Straßenstücke haben wir vermisst. Dafür lagen und standen allerlei Tiere im Weg: Kühe, Schweine, Ziegen. Da kommste umme Ecke: auf einmal sind sie da… mitten im Weg. Irgendwo machten wir eine Rast, weil es schön kühl und schattig war. Wir haben ja schon vieles gesehen, aber dies Aussicht war ein Träumchen. Das weite Meer und unter uns Bastia. Wir sind noch keine 30 km weit gekommen. Die D5 bis Col de St. Stefano war genauso atemberaubend, Jedoch weniger Tiere im Weg. Dieser Pass hat Geschichte: 1.tens es war unser erster Pass und 2.tens: Das Denkmal auf der Passhöhe wird u.a. von der naheliegenden Gemeinde Olmeta gepflegt. Die Tafel am Fuße des Denkmals hebt die mächtigen Gegner hervor (SS-Einheiten, Panzer); der Sieg „hat den Weg bereitet für die Befreiung von Bastia und von Korsika, dem ersten befreiten Stück Frankreichs.“. Jeweils am 30. September findet eine Gedenkzeremonie in Anwesenheit u.a. des marokkanischen Konsuls statt. 2013 hat der frz. Staatspräsident Hollande einige überlebende marokkanischen Schützen mit der Ehrenlegion ausgezeichnet – ein später Dank an ihren Einsatz für die Freiheit und Unabhängigkeit Frankreichs. Ein bisschen Bildung schadet nie. Wir sind aber erst an dem Denkmal stutzig geworden, so dass wir Herrn Google fragen mussten.
Wir wechselten auf die D62 bis zur Kreuzung D81. So richtig mittig durch das Naturschutzgebiet. Es nennt sich Regionaler Naturpark Korsika. Originaltext: „Parc Naturel Regional de Corse“. Ich habe nicht mitgezählt wie oft wir seit der Abfahrt angehalten haben um zu staunen. Meter machen ist nicht, das wäre Sünde. Uns ist auch aufgefallen, dass es viele tote Bäume in diesem Gebiet gibt. Wir haben später herausgefunden: Die Korsen wollen das so. Naturschutz halt – es bleibt wies ist.
Und wieder haben wir was Neues erfunden: Kuhfladenslalom. Also, die weichen Fladen sind nicht hart, die machen so ein „Pffrrrt“ beim Drüberfahren und es spritzt. Die harten machen “Bumpbump“ und tun nix. Aber wenn welche da sind, weiche oder harte, dann heißt es: „Achtung: Tiere nicht weit weg“ und evtl. (meistens) mitten auf der Straße. Kein Wunder, hier fährt ja kaum einer lang.
Eine Wolke über uns lud und wieder zum Halten ein. Es gab natürlich noch einen Grund: Die grünfarbenen Steine und Felsen überall. Altes Kupfer mit Patina sieht genauso aus. Der nächste Stopp war an einer „Zebrakirche“. Auffällig deshalb, weil sie ausschließlich mit weißen und grünfarbenen Steinquadern im Wechsel gemauert wurde. Ein Touribus hielt auch dort. Deutsche. „Schau mal. Eine Zebrakirche.“ sagte eine Frau mit ostdeutschem Akzent. Wir übernahmen die Bezeichnung. Natürlich handelt es sich um die San Michele de Murato und Google weiß wieder vieles über sie.
Auf dieser Strecke lag hinter jeder Kurve – und davon gibt es reichlich – eine Überraschung. Entweder Viecher, Felsvorsprünge oder auch tiefhängende (große!) Äste der Bäume. Natürlich gab es hier auch wilde Müllkippen angehäuft – zur Abholung bereit – und Schrottautos die in der Schlucht lagen. Sonst war es eigentlich recht ordentlich. In Rapale bei SARL I FRATELLI machten wir eine ausgiebige Pause. So richtig mit doppeltem Espresso und „Assiamente“. Die Verständigung leider nur auf komisch Französisch oder mit Händen und Füßen. Zum Glück war das Bestellte eine Art Brotzeit. Die korsische Sprache gehört zur italienisch-romanischen Sprachgruppe, ist aber kein italienischer Dialekt, sondern ein eigenständiger Abkömmling des Vulgärlateins. Man schätzt, dass fast alle gebürtigen Korsen die Sprache verstehen und zwischen 60 und 80 Prozent sie auch sprechen. Seit 1974 wird Korsisch von der französischen Regierung als Regionalsprache anerkannt.
Weiter geht’s… und wieder kreisten die Rotmilane über uns, die uns hier sehr oft aufgefallen waren.
Irgendwo auf der D81, bei einer Pause mit Sicht aufs Meer, allerdings auf der linken Seite der Insel (Golfe de Saint Lorent) sagt Cappo: „Jetzt, Deutsche trinken auf Korsika holländisches Wasser in Frankreich abgefüllt.“ Ich: “International halt.“
Die weitere Strecke war – wie bisher – kaum grade zwischen den Kurven. Ein Motorradfahrer-Traum. Am Col de Teghime kam es zu folgendem Wortwechsel: Cappo: „Col de Teghime, unser erster Pass und boah 536m hoch!“ Ich: „Man mir wird schwindelig.“ Er: „Wir müssen uns mal ein Bluetooth Headset anschaffen.“ Ich: „Warum?“ Er: „Als Warnung für den Gegenverkehr. Dann kann ich dich warnen: Vorsicht da kommt einer!! und du erschreckst dich nicht.“ Ich: „Ich fahre doch meistens hinter dir.“ Er: „Ja, wenn dich einer wie eine besengte Sau überholt, kannst du mich warnen. Vorsicht da überholt einer!! und ich erschrecke mich nicht.“ Ich: „Du willst mich doch nur während der Fahrt volllabern.“ Von hier oben hatten wir wieder eine tolle Sicht auf Bastia und konnten unser Hotel erahnen.
„Ob es hier einen Punkt gibt von dem man aus das Mittelmeer rechts und links sehen kann?“ fragte ich. „Finden wir es raus.“ Ich war dabei. Bevor es zum Serra di Pigno hochgeht liegt noch ein wunderschöner Aussichtspunkt auf dem Weg.
Auch hier wurde wieder an Kriegstreiben erinnert. Die Auffahrt zum Gipfel ist schon abenteuerlich. Die Straße ist nicht grade die beste. Und endlich hatten wir auch den Punkt (960m) erreicht von dem man das Mittelmeer linke Seite mit Saint Florent und die rechte Seite mit Bastia sehen konnte. Top Aussicht. Ich machte ein Rundumvideo. Hier oben steht aber auch eine Militärstation und Cappo sagte: „Hier ist fotografieren verboten. Da ist ein Schild. Aber du fotografierst ja nicht, du filmst ja.“
Er entdeckte auch, dass es zwischen St. Pietro di Tenda und Padula doch eine Straße gibt, die weder auf der Karte noch bei Maps eingetragen. Wir tankten in Saint Florent. Der Liter Super kostet im Schnitt 1,62€.
Über die D81 und D264 kurbelten wir uns (im wahrsten Sinne des Wortes) in Richtung Bastia zurück und es war schon nach 19:00 Uhr. Vielleicht finden wir ja noch einen offenen Supermarkt. Wir fanden. Im Getto von Bastia. „Hier möchte ich nicht wohnen wollen.“ war unser Kontext.
Abendessen gab es beim Italiener um die Ecke – auf Korsika :-). Ich protestierte auf Italienisch über das was er uns da Anbot. Danach besuchten wir noch den Pool auf dem Dach des Hotels.
Das waren zwar nur 140km, aber die hatten es in sich. Ach ja: Wir haben noch einen Tag in diesem Hotel nachgebucht, denn morgen steht Cap Corse auf dem Plan.
04.09. Mittwoch um 10:00 Uhr
Morgens wurde ich durch eine laut brüllende Eisenbahn geweckt. Ich hatte die Nacht über mal die Balkontür aufgezogen. Der Triebzug hatte keinen Auspuff, so hörte sich das an. Später wusste ich auch warum. Frühstück war top. Cappo verarschte mich in dem er mit einem Brötchen auf den Tisch schlug. Es hörte sich hart an. Es waren aber die Knöchel, mit denen er auf den Tisch klopfte.
Zu Anfang machten wir ein paar Meter auf der T11 und kringelten uns die D62 entlang Richtung Delfile de Lancone. „Jetzt muss ich erst mal verschnaufen. Mir bleibt ja die Luft weg bei so vielen Kurven und dieser Aussicht.“ sagte ich bei einem Stopp. Diese Landschaft kann man nicht beschreiben, die muss man sehen. Rechts eine Felswand und links eine Schlucht und keine zehntel Sekunde Zeit die Augen von der Fahrbahn abzuwenden, geschweige irgendwo mal problemlos anzuhalten. Auf dem Col de St. Stefan hielten wir das nächste Mal und wunderten uns wie am Vortag, warum ein Teil der Ortshinweisschilder übersprüht waren. Bei den zweisprachigen Beschriftungen der Schilder war einmal der französische Name und darunter der korsische Name aufgedruckt (oder beklebt). Der französische Name war jedes Mal übersprüht. Viele Korsischen Lokalnamen fangen alle mit einem „U“ an und die Cols heißen hier Bocca. Wir werden bei Justine mal nachfragen.
Wieder sahen wir Schrottautos in den Schluchten hängen und Cappo sprach langsam von seinem „Tal des Todes“, weil hier nichts wächst. Dabei war es reichlich mit Grün bestückt. Richtung Norden sahen wir unter uns immer wieder, mit einer Bombenaussicht, das Meer. Denn wir fuhren nicht die Küstenstraße entlang, sondern immer am Berghang wie auf der D31. Das lohnte sich allemal. Die Dörfer sahen aus als wären sie von einem Modellbauer an den Berghang geklebt worden. In jedem dieser Dörfer sind am Anfang, in der Mitte und am Ende des Dorfes Speedbumper auf der Straße angebracht. Was uns auch auffiel war, dass alle Friedhöfe überirdisch sind und von Weitem schon gut zu erkennen waren. Klar, wer haut den schon Gräber in die Felsen aus dem der Boden hier besteht.
Egal wie schmal die Straße ist, es ist kaum Verkehr unterwegs… nicht mal Touristen. Kein Rambazamba und kein Halligalli, sehr zu unserer Freude. Wenn einmal ein hiesiges Auto vor uns fuhr, setzte es nach kurzer Zeit den Blinker rechts, fuhr an die Seite und lies uns problemlos vorbei. Das fanden wir ausgesprochen nett und bedankten uns mit einem freundlichen Händegruß und einen kurzen „Huphup“.
Von oben herab konnten wir die Inseln Capraia, Elba und Pianosa erblicken. Geil.
Bei Brando auf der D54 erlebte ich die engste Kurve, die ich je in einem Ort erlebt habe und dachte mir noch, wenn hier ein Laster irgendwo steht… und da war er auch schon. Cappo konnte soeben noch anhalten, und das bei geringem Tempo und ich wäre im fast hinten drauf gefahren. Kurze Herzstillstandphase.
Wir hatten grade mal 70km auf dem Tacho. Dafür sehr viel Schönes gesehen. Ab Erbalunga fuhren wir nun doch die Küstenstraße D80. Es ist ein herrliches Geschlängel mit breit ausgebauten Straßen. Sowas waren wir ja gar nicht mehr gewohnt.
Die D132, D432 und die D32 lockten uns weg von der Küstenstraße. Wir überquerten einige Cols, die wir gar nicht mehr mitzählten und notierten uns „Route de Sens“ und „Route de Vins“. Mal sehen was es damit auf sich hat. Bei einer weiteren Rast probierte Cappo sich an ein Astkatapult mit mäßigem Erfolg. Gelacht haben wir auch über die Teilerfolge. Ansonsten wunderte ich mich über die vielen Kräuter die hier zu Hauf wuchsen und über die meine Frau bestimmt eine Menge wusste. Ich konnte es nicht lassen sie zu fotografieren und zu filmen und Cappo fragte: „Was machste da?“ Ich antwortete: Ich dokumentiere für Mama die Kräuter der Provence.“ Er lachte und sagte: Das beste Grün hier oben und keine Kühe da.“
Wir lachten auch herzlich über ein Motorradfahrverbotsschild Richtung Col de St Lucie bei Bocca di Santa Lucia 381m, unser 3.Pass auf den wir anhielten. Erstens: Es stand an einem schmalen Wanderweg, der so ziemlich 75°steil den Berg hoch führte, zweitens stand ein altes Motorradvorderrad davor, das total verrostet war, aber eine Pelle draufhatte. Wir haben die Achse nicht geprüft, ob sie sich noch drehte.
Weiter des Weges haben die Straßenbauer einfach eine Schneise durch den Berg gefräst. Enorm.
Die D80 weiter an der Westküste entlang war schon der Hammer. Diese Insel schafft es immer wieder nach jeder Kurve ein anderes Bild zu zaubern. Jedes Mal sage ich mir das ist ja noch schöner. Kristallklares Wasser, traumhafte Strände und Gäste (ob Touris oder Hiesige weiß ich nicht) bis zum Abwinken. Wir waren in der Nähe von Port de Centuri.
Leider nahm der Verkehr auch zu. Das gefiel mir gar nicht mehr. Ergo wechselten wir den Kurs auf die D35. Irgendwo in diesem Gelände schrie Cappo auf einmal: „Bärchenalarm!“ Ich sah sie auch. Viele Teddybären an einem Zaun gehängt – so ungefähr 3m oberhalb der Straße. Auch hier mussten wir halten. Wieder sahen wir die Schilder „Route de Vines“. Autobegegnungen waren auf dieser Strecke sehr selten, aber spannend. Einer musste halten, so eng war es. Das wir unterwegs wieder einige Espressopausen eingelegt hatten, will ich nicht weiter erwähnen. Bei einem weiteren Halt versuchten wir die Berge „abzubauen“. Die Steine waren so lose auf einander geschichtet, dass wir sie problemlos herausziehen konnten. Wir waren genau zwischen der Ost- und Westküste, konnten aber keine von beiden sehen. Dafür viel Gegend und wieder viele Kräuter. Wiederum weiter führte die Straße durch einen dunklen Wald. Aber wirklich dunkel. Hier gab es nur Efeu, Steine und Bäume. Die Straße war wieder schmal wie ein Radweg und kein Verkehr. Cappo nannte es lächelnd „unser Geheimweg.“
Bei Marine de Maria kamen wir wieder auf die Küstenstraße und bügelten sie entlang bis Maccinaggio bevor wir auf die D533 wechselten. Immer noch waren wir fast allein unterwegs auf der Straße die von vielen Olivenbäumen gesäumt war. Ab jetzt landeten wir in der korsischen Wildnis und wieder mittig zwischen den beiden Küsten von Cap Corse. Unterwegs schossen wir noch ein Beweisfoto mit dem Thema: Schrottautos passen doch nicht in die Mülltonnen, denn ein solches war direkt neben einer große 1,5qm Tonne geparkt.
Als nächstes passierten wir auf der D253 den für uns nördlichsten Punkt der Tagesreise bei Barcaggio. Ich wunderte mich das die letzten Orte, die wir passierten einen Touch italienischer Namen hatte. Wir genehmigten uns einen Espresso in der Bar U Arenacciu. Diese war direkt an einem Minihafen gelegen. Traumhafte Idylle. Ich hätte gut und gerne noch eine Stunde lang sitzen bleiben können.
Wir fragten uns auch schon eine geraume Weile, wovon die Leute die hier wohnen, leben. Korsika verfügt über keine nennenswerte Industrie. Ausgeführt werden vor allem Zitrusfrüchte, Oliven und Wein. Zwei Drittel der erwerbsfähigen Bevölkerung arbeiten im Dienstleistungssektor, davon die Hälfte im Tourismus. Wir sahen viele Windräder und Verteidigungsstellen aus dem Mittelalter. Die Sonne leuchtet aufs Meer.
Wir schlossen den oberen Kringel von Cap Corse mit der D153 in Botticella ab und fuhren über den Col de Serra (300m) und weiter. Ab Centuri begann ein schroffer Küstenabschnitt und trotzdem gab es badende Gäste im Wasser. An einem einladenden Berghang versuchten wir uns mit einem Echo.
Wir riefen das übliche „Echo“ und die Sprüche, es kam aber nichts. Cappo meinte dazu nur locker aus der Hüfte geschossen: „Das Echo geht nur auf Französisch.“ Ich hatte mich vor Lachen fast verschluckt. Mittlerweile war es schon 17:45 Uhr. Der weitere Verlauf der D80 war eine himmlische Kurverei und trotz alledem machten wir einen Abstecher nach Conchiglio, die D33 entlang oberhalb der Küstenstraße. Bei Sant Antone, an einer Kapelle, bewunderten wir noch Mal den aussichtsreichen Küstenabschnitt und ich traute meine Augen nicht, was sie sahen. Später sind wir an dem „schwarzen Strand“ herausgekommen, den uns Justine empfohlen hat. Nun gut, von weitem sah er schwarz aus, beim näheren Hinsehen war er aber in Wirklichkeit grau und wenn die Steine nass wurden sogar grünlich. Interessant waren aber die Formen. Aalglatte Oberflächen, oval-förmig und keiner kleiner als eine Babyfaust. Überall lagen auch Planzenreste rum die wie Eichhörnchenschwänze aussahen.
In einem Supermarkt in Strandnähe füllten wir unseren Proviant wieder auf.
Nun wollten wir so schnell wie möglich den Berg wieder hinauf um einen Sonnenuntergang zu zusehen. Jedoch senkte sich die Sonne schnell gen Horizont. Ergo warteten wir an einem schönen Aussichtpunkt an der Küstenstraße darauf. Wir waren nicht die einzigen, die dieses Schauspiel bewunderten.
Jetzt war es fast dunkel und auf den Weg nach Bastia wollten wir unterwegs irgendwo einkehren um zu Abend zu essen. Dieses erledigten wir bei a ein Lokal an der D81. Wir bestellten jeder eine Pizza Calzone die ich hier nicht bewerten möchte.
Auf der Route de Saint Florent nach Bastia mussten wir anhalten. Es war 21:30 Uhr. Die Aussicht auf die Stadt im dunkeln war absolute Sahne und der Himmel sternenklar und reich gespickt. Auf dem weiteren Weg zum Hotel überholte uns ein Quad, als hätte der Fahrer kein Hirn im Kopf.
Auf die Frage an Justine was das mit den übergesprühten Schildern auf sich hat, erklärte Sie uns: „Das machen die Leute der FLNC. Ihrem Selbstverständnis nach sind die Separatisten anti-kolonialistische Freiheitskämpfer.“ Den Rest der Erklärung erspare ich mir hier.
Einen Kampf gab es noch. Cappos Smartphone verweigerte die Stromaufnahme. Die Kontakte haben das Salzwasser nicht vertragen. Mit vorsichtiger Fummelei und etwas Rasierwasser bekamen wir dieses Problem auch in den Griff. Also nie wieder mit dem wasserdichten Smartphone ins Meer.
05.09. Donnerstag um 10:00 Uhr
Die Richtung war klar. Mittig nach Süden. Also: Auf die Moppeds, fertig, los… Pustekuchen. „Njöt, Njöt, Njöt, Njöt, Njöt!“
Meine Batterie wollte nicht so richtig. der Schuldige war ich, weil ich das USB Ladegerät nicht abgeklemmt habe. Also Frühsport, Rennmaschinen werden auch angeschoben. Sie lief schon nach einem halben Meter anschieben. Erster Halt war die Tankstelle im Ort. Die Spritpreise doch immer noch stabil bei 1,61 €/L. Das Thermometer kletterte schon wieder in Richtung 30° und wir peilten die Berge wieder an.
Von der T11 bogen wir ab Richtung auf die D110 nach Prunelli. Auch diese Stadt klebt förmlich am Berghang und es ist sehr idyllisch hier. Weiter auf der D15 hielten wir im kühlen an einer alten Ruine, wo wir belustigt ein Schwein im Fluss baden sahen. „Nachdem ich das hier sehe werde ich kein Flusswasser mehr trinken!“ ekelte es mich an und musste mich schütteln. Normalerweise genießen wir ja Gebirgsbäche, aber ich nicht mehr, jedenfalls nicht auf dieser Insel. Im Wald stand ein Niva Auto zum Verschrotten freigegeben. „Das Auto fährt nicht mehr, also parken wir es unter dem Baum.“ sagte ich scharfzüngig. Auf dieser Strecke, wo absolut nichts los ist an Autoverkehr, sind natürlich auch wieder diverse Tiere auf der Straße. Die Kühe schauen uns immer so komisch an, als hätten Sie noch nie Motorräder gesehen. Manche hörten sogar mit dem Kauen auf.
Und wieder schlängelt sich die Straße schmal durch die Landschaft. Und wieder ist sie nur so breit wie ein Radweg. Wir sind im Parc Naturell de Corse und wir sehen nur Wald, Wald, Wald. Es ist angenehm kühl hier. In Richtung Monte San Betrone werden zum ersten Mal die Straßen richtig schlecht. Schlaglöcher ohne Ende. Asphalt aufgerissen. Dafür konnten wir unwahrscheinlich weit gucken. Der Wald war vorbei. Und wieder ein Schrottauto am Wegesrand. Wir gönnten uns eine Espressopause in Vescovat, der schmeckte so gut das wir gleich 2 davon nahmen und das alles für 4 Euro inkl. einen halben Liter Wasser in der Karaffe. Der Ort ist idyllisch und riesige Bäume in Camouflage Farben spenden Schatten. „Ich sage das sind Platanen.“ und Cappo googelt. Hier gibt es ja überall Highspeed Internet.
Um auf die D506 zu gelangen nahmen wir ein Stück der T10 in Kauf. „Diese öde grade Küstenstraße ist nix mehr für mich.“ rief ich Cappo während der Fahrt zu. „In Flolelli biegen wir ab.“ war seine Antwort. Ein Streckenteil möchte ich noch zum Besten geben. Bis Stazzona war die Straße fast wie eine Autobahn. Im Ort allerdings sowas von eng das man vor jeder Biegung hupen möchte. Danach ging es wieder autobahnmäßig weiter, bevor es so richtig kurvig nach Pedricoce ging. Dort trafen wir Christoff und Marion aus Oerlinghausen. Wir sind Ihnen schon auf der Fähre aufgefallen. Ein bisschen Smalltalk und er verabschiedete sich mit dem Spruch: „Und immer schön Lack oben und Gummi unten!“ „Den muss ich mir merken.“ sagte Cappo „Der ist gut!“
Über den Col de Chrisophe zum Col de Prato liefen uns einige Kuh- und Ziegenherden über den Weg, doch brenzlig wurden die Begegnungen nie. Die Aussicht, als wir die D71 entlangfuhren, war herrlich. Man traut seinen Augen nicht… so weite Täler, Berge rundherum. Schön.
Der Weg wurde von Platanen, Wein, Oliven und Maronen gesäumt. Da bleibt einem die Spucke weg.
Wir genossen auch die Aussicht bei Morosaglio. Bei sowas muss man einfach stehen bleiben und staunen. „Da denkste, du hast schon alles Schöne hier gesehen, da legt die Insel noch einen drauf!“ war mein Kommentar. „Wenn ich bei jedem Stopp mit toller Aussicht eine rauchen würde, würde ich zum Kettenraucher und müsste jeden Tag ne Stange mitnehmen.“ Von dort bis Ponte Leccia erinnerte uns die Strecke an die N260 in den Pyrenäen. Ein Kurvenwedeln bis das Motoröl zu Sahne wird.
In einem Supermarkt in Ponte Leccia füllten wir unsere Vorräte wieder auf. Wir hatten nun 161km auf dem Tacho und es war 15:30 Uhr. „Was stierst du so auf der Karte rum?“ fragte ich ihn. Er schaute schon eine ganze Weile. „Ich suche eine Schotterstrecke!“ sagte er grinsend. Mir fiel die Kinnlade runter. „Wie in jedem Urlaub mal son paar Kilometer Schotter – gelle?“ „Ja und ich habe auch was gefunden. Guck mal hier bei Aiti. Eine ganz kleine Linie. Steht aber D239 dran. Lass uns das mal ansehen.“ Naja, Schotter war es nicht. Die Straße war nur marode und wir fuhren auf schwarze Wolken zu. Man brauchte nicht mal den Kopf wer weiß wie weit in den Nacken strecken, so steil ging es den Berg hoch. Auf dem Gipfel herrschte absolute Ruhe. Wir hörten nix. Nicht mal ein knistern unserer Motoren (wie man so schön sagt). Und wieder ist die Aussicht grandios.
Dafür erlebten wir noch ein Naturabenteuer besonderer Art. Eine Ameisenstraße kennt jeder. Aber eine Ameisenautobahn? Eine richtig ausgelatschte Spur von ca. 2cm breite. Jede schleppte sowas wie eine Tannennadel in gelb und spitz voraus. Das Ganze über 15m Länge unter Cappos Motorrad her. Ich spendierte der fleißigen Truppe ein halbes M&M. Der ganze Trupp kam zum Stehen und zerlegte das Hindernis und schleppte es zum Bau. Dieses Schauspiel genossen wir fast eine halbe Stunde und die schwarzen Wolken waren über uns. Der Regenkombi war natürlich im Koffer und der stand im Hotel. Bei Cambia war es dann so weit. Unter Bäumen suchten wir Schutz und Cappo schaute auf das Regenradar. Die Straße wurde förmlich überflutet, wir blieben aber trocken. Wir haben eine Videobeweis 😊. Eine Autofahrerin machte eine Geste, dass es noch schlimmer werden würde. Oha.
Zur Aufmunterung sagte ich: “Korsischer Regen hat einen Vorteil. Die Tropfen kommen einzeln runter und die sind auch noch warm.“ Er lachte nur und sagte: „Stimmt. Aber weißt du was? Hier kann es gar nicht regnen. Die App zeigt an das es nicht regnet. 1 Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Haben wir jetzt den einen Prozent erwischt?“ So viel dazu.
Nach geraumer Zeit war es uns egal und nach ca. 5 km ganz vorsichtiger Fahrweise, wegen der ganzen Sch… auf der Straße, war es schon wieder trocken. Hier hatte es gar nicht geregnet. Die kleinen Ferkel auf der Straße spielten wilde Sau und ließen uns nicht vorbei. Mal alle nach rechts, mal alle nach links und alle vor uns her. „Wie der F1 Pilot Magnussen, der will auch keinen vorbeilassen.“ sagte ich als wir wieder hinter denen standen. Motoren aus. „Ich denke da eher an Peres zu Anfangszeiten.“ antwortet Cappo. Wir kamen dann doch noch vorbei. „Hätte ich nen Koffer dabei, würde ich so ein Vieh einpacken und mitnehmen.“ sagte ich. „Dann hätten wir heute Abend kein Abendbrotproblem.“ sagte Cappo grinsend. Übrigens: Grinsen, Lächeln und Staunen sind hier auf der Insel Dauerzustände während der Fahrt und den Stopps. Auf dem weiteren Weg nach Zuani sind uns sehr viele verbrannte Bäume aufgefallen. „Wahrscheinlich Blitzeinschlag“ meinte Cappo. „Glaub ich auch. Wir sind ja wieder fast ganz oben auf dem Berg.“
Auf der D16 stoppten wir mehrere Male und waren von den Aussichten überwältigt. Es war uns auch egal wie spät es war. Bei Pianello lud uns ein Wasserfall zu einem Halt ein. Ich erklärte, wo das Wasser herkommt: „Die Insel ist schwer und drückt aufs Meer. Da oben ist also ein Loch, das im Berg runter zum Meer führt, wo das Meerwasser raussprudelt.“ Mittlerweile war es 19 Uhr und wir hatten 240km runter. Irgendwo auf der Strecke sahen wir noch Bäume mit fast 4 m Durchmesser. Klar, dass wir wieder stoppten.
Der Rest der Strecke ist schnell geschrieben. Runter zur Küste auf die T10 und auf Richtung Bastia. Wie ätzend. Es war mittlerweile duster, Zappenduster. An einem Leclerc Supermarkt füllten wir für morgen nochmals die Vorräte auf. Wir hatten noch 10 Minuten Zeit, bevor er zu machte. Wir waren so begeistert von der Sauberkeit und Vielfalt der Artikel, dass wir beschlossen solch einen Markt in Bastia auch mal aufzusuchen – spätestens zum Kofferraum vollmachen. Die Schnellstraße war leer und wir ließen es fliegen. Und Patsch. Cappo, der vor mir fuhr, wurde geblitzt. Ein fest installierter Blitzer. Mist. 70 bei 60… Das Tempo wurde bis Bastia beibehalten.
Justine hatte Nachtschicht und fragte uns, was wir denn so unternommen hatten. Wir berichteten und sagten ihr, wir was wir so vorhaben. Sie gab uns noch ein paar Tipps, Übernachtungsmäßig. Wir verabschiedeten uns von Ihr: „bis nächste Woche.“ Ab aufs Zimmer die Koffer packen. Abendessen gabs wieder beim Italiener.
06.09. Freitag um 10:00 Uhr
„Oje!“ sagte Cappo beim Frühstück mit erstem Gesicht und Blick auf sein Smartphone. „Was ist?“ fragte ich. „Da kommt dicker Regen auf uns zu! Der ganze Norden ist dunkelblau.“ „Wann?“ – „Gleich schon.“ Wir ließen uns trotzdem nicht aus der Ruhe bringen. Machten die Koffer dran und fuhren los. Dann kam auch schon der Regen. Nein, ein Wolkenbruch wie er im Buche steht. Die Fahrbahn stand voll im Schaum. „Sowas habe ich schon ewig nicht mehr erlebt. Weiter nach Süden auf der Schnellstraße bis es aufhört.“ rief er als es sich vor einem Kreisverkehr staute. Kurz vor Borgo hörte es auf und es wurde schlagartig warm. „Noch 10 Minuten und wir sind trocken.“ sagte ich, denn meine Regensachen waren im Koffer, im trocknen. Cappo hatte erst gar keinen eingepackt. „Keine Kombi – kein Regen! Und wenn es regent, machen wa Sightseeing“ sagte er als wir letzten Samstag die Checkliste nochmals durch gingen.
Wir nahmen uns die T20 aufs Korn, denn die T10 an der Küste entlang wollten wir beide nicht.
Hier und da fuhren wir parallel mit den Eisenbahngleisen, die stellenweise eine ganz schöne Steigung vor sich aufwiesen. „Das sind doch mehr als 3% Steigung!“ sagte ich bei einem Halt. „Jetzt weiß ich, warum der Zug vor Kraft so brüllt.“ erwiderte Cappo.
Die nächste Espressopause machten wir in Ponte Leccia. Schnell machten wir das Kaffee aus, das neben dem Supermarkt an der Hauptkreuzung lag, in dem wir gestern schon einkauften.
Cappo machte einen Wettercheck. „Ich schlage Corte für die nächste Peilung Richtung Süden vor. Lang durch den Naturpark runter auf der D18.“ er zeigte es mir auf der Karte. Logisch das ich einverstanden war, denn im Norden breitete sich der Regen immer mehr aus. In Francardo verließen wir die Schnellstraße T20 um über die D64 zur D18 zu gelangen. Die kleinen Bergstraßen haben es uns einfach angetan. Die Landschaft verändert sich und wir freuen uns wieder auf den Kurventaumel. Natürlich hielten wir dort, wo auch Passschilder aufgestellt waren, wie der Col de Quicci oder der Aussichtspunkt Toivonen-Cresto’s Crash. Jetzt googelte ich mal warum das so heißt, denn irgendwas dämmerte mir. Vor fast 33 Jahren starben Henri Toivonen und Beifahrer Sergio Cresto bei der Rallye Korsika. Bis heute ist nicht geklärt, wie genau es zu dieser Tragödie kam. 33 Jahre ist das her? Man bin ich alt geworden.
Wir bogen ab auf die D143 und kühlten uns am Fluss Ecke D43. Natürlich sind wir nicht reingesprungen, es war viel zu kalt. Aber einige Gäste waren da nicht so zimperlich. Auf dem Grund des Mini Sees lagen wieder die grünen Steine und das Wasser schimmerte dementsprechend.
Auf dem Col de Morello (824m) hatten wir eine sagenhafte Aussicht der umliegenden Berge und deren Berggipfel. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gipfel im Winter Schnee tragen.“ sagte ich. Auf dem Col de Erbajo (920m) anschließend standen wir wieder mitten im Wald. Fichten so hoch wie Hochhäuser und die Stämme schnurgrade nach oben ohne Äste. Hier hatten die Bäume nur Kronen. Komisch. Cappo erfand das Winkeschild. Das Passschild aus der Erde gezogen und damit winken.
Er stand wieder so komisch vor der ausgebreiteten Karte und schaute verschmitzt. „Na? Kommt jetzt wieder was mir Schotter?“ fragte ich. „Nein. Wir wollen doch nur schnell in den Süden und nicht so spät ankommen. Wir haben jetzt 3 Optionen. Da lang, da lang oder da lang. Da lang ist doof.“
Wir schätzen die Entfernung mit den kleinen Fingermaß. 4 Finger = 40km = 4 Stunden. Wir wählten die schönere Strecke mit spektakulären Zickzackkurven auf der Karte. Die Strecke vor und hinter Vivario ist wunderschön zum Wedeln. Geschwindigkeit und Zeit spielen hier keine Rolle.
Auf einem Aussichtspunkt gegenüber dem Belvédère de Pascioloan der T20 konnten wir nicht nur das Ende des Naturschutzgebietes sehen, sondern auch die Eisenbahnlinie unter uns. Der Zug brüllte durch die Kurven den Berg hoch bevor er in einem Tunnel verschwand. Ein Schauspiel seinesgleichen habe ich noch nicht erlebt. „Imposant!“ sagte ich zu Cappo der auch das Schauspiel auf Video festhielt.
Auf dem Col de Col de Vizzavona (1163m) musste Google wieder herhalten. Es sollte der höchste Pass auf Korsika sein und was hat es mit dem Le Fort de Vaux auf sich. Aber das alles hier niederzuschreiben, nein danke, googelt selbst.
In Bocognano sah ein Café sehr einladend aus. Name: Copacabana. Klaro – Espresso und Cappo stierte die Karte wieder an. Er empfahl wieder eine Schotterstrecke, die D29. Ich sagte nur: “Wir halten nie wieder für ne Kaffeepause. Du guckst mir zu genau auf der Karte rum.“ Er lachte.
Die D27 entpuppte sich als das versprochene Kurvenzickzack. Wie Spagetti aufn Teller.
Der Weg zum Col de Scalella (1191m) war sehr mit Steinen übersäht. Schilder die auf Steinschlaggefahr hinweisen stehen zu Hauf am Rand. Der Gedanke: „Hoffentlich kommt so ein Ding nicht grade jetzt runter“ war den ganzen Weg präsent. Eigentlich habe ich mir noch nie Gedanken bei irgendeiner Bergtour darüber gemacht. Hier war es extrem… und kalte Finger hatte ich auch.
Auf dem Pass wurden wir von einer Herde Schweinen begrüßt. Scheu waren die nicht und Schiss hatten die auch nicht. Eine Sau war so gar so frech und rubbelte ihre Schwarte an Cappos Vorderrad.
Was mir sofort in den Kopf kam war der Spruch von Luiggi aus dem Pixar Film Cars: „Nicht meine Sommerreifene, friss meine Winterreifene.“ „Ab jetzt fährst du auf Schweinereifen!“ bemerkte ich so nebenbei. Naja, die besten waren es nicht mehr. Der deutsche TÜV hätte ihm eine Abfuhr erteilt. Auch dieses Schauspiel musste auf Video festgehalten werden. Nun waren wir von Schweinen umzingelt und kamen mit den Moppeds nicht weg. Ich sah, dass die Tiere hier oben nix flüssiges hatten. Ergo kippte ich etwas aus unserem Reservoir auf die Straße und siehe da, wir bekamen freie Fahrt. M&M´s wurden dagegen ignoriert.
Andere Besucher, die dazu kamen lachten und ohne die Sprache zu verstehen, wussten alle worum es ging. Ein Geländewagen kam den Pass hoch und kümmerte sich um die Tiere. Umsorgt werden sie also doch und wir schauten noch Mal in die Runde um die Aussicht zu genießen.
Als nächstes lag der Col de Cricheto (724m) auf dem Weg und es war erst 15:45 Uhr als wir ankamen. Bis hierher sind es 171km der heutigen Tour. Auch hier gab es eine Besonderheit, die wir noch nie gesehen haben. Tannenzapfen so groß wie ein halber Fußball. „Der könnte schon glatt als Tannenbaum für Zwerge durchgehen.“ sagte ich zum Spaß. Wir packten einen als Andenken ein. Platz genug in den Koffern haben wir ja. Kurz angefahren und Cappo hielt schon wieder an. Schnapszahl auf dem Tacho: 44444. Tja, die 1 wird vorne nicht mehr angezeigt.
Bei Radicale verließen wir das Naturschutzgebiet, obwohl es so aussah als hätten wir es schon vor 20km (halber kleiner Finger) verlassen.
Langweilig auf der T10 entlang sollte unser Ziel für heute Porticcio sein. Im Schatten wurde per Booking eine Unterkunft gesucht, denn der Komet gab immer noch sein Bestes. Die schwarzen Wolken haben wir schon lange hinter uns gelassen.
Eine solide Unterkunft fand sich schließlich in Pietrosella. Hotel L Isola.
Einchecken und ab ins Meer. Ein toller Strand war in Hotelnähe. Asphaltpiraten haben auch im Wasser Spaß und riesige Wellen machten sogar noch mehr Badespaß. Wir schrieben noch einen Urlaubsgruß in den Sand und machten uns auf den Weg zu einer „Pommesbude auf korsisch“ Wir gönnten uns jeder ein Schaschlik mit Pommes und genossen den Sonnenuntergang im Meer beim Essen. „Dieser Urlaub hat irgendwas Besonderes. Ich komm noch nicht drauf.“ sagte ich. „Stimmt. Und uns fehlt noch n Slogan.“ sagte er. „Da kommen wir noch drauf!“
07.09. Samstag um 10:15 Uhr
Die Nacht war endspannend ruhig, obwohl das Hotel an einer Hauptverkehrsstraße lag. Die Route für heute hatten wir abends vorher schon angerissen, wollten aber erst noch schauen was die Wetter App vermeldet. „Im Norden bleibt es sonnig.“ sagte Cappo. „Also gen Norden die Küste entlang. D81, soweit wir kommen.“ Als Cappo mit seinem Tankrucksack und Helm aus dem Hotel kam empfing ich ihn mit Musik. Ich spielte mit dem Spanngummi, das an seine Kofferträger gespannt war, Kontrabass und sang dazu die Musik von La Düsseldorfs Dampfriemen, weil das mit einem herzhaften „Morgen!“ beginnt.„Als erstes laufen wir eine Tanke an, die auch eine Waschanlage hat. Ich habe das Gefühl mein Mopped klebt voll Hinterlassenschaften der Tiere.“ sagte ich. „Jau!“ bestätigte Cappo. „Und tanken können wir auch.“
Nicht grade kurvenreich kamen wir auf dem Col de Bastiano (404m) an. Grade mal 45km absolviert und es ist 11:30 Uhr. „Ist ja interessant, auf der einen Seite des Passes ist Wüstengegend und wenn du zur anderen Seite runterschaust alles Grünes.“ meint Cappo. Um eine Uhrzeit feststellen zu können, steckte ich meinen Finger in das Loch einer Sonnenuhr in dem normalerweise der Polstab sein soll. „Uhrzeit passt. Jetzt reise ich zurück in die Zukunft.“ sagte ich und bewegt meinen Arm der Sonne und Zeit entgegen. Weiter des Weges sahen wir nur Berge, Berge, Berge. Kein Wunder denn wir fahren ja durchs Tal. Auf einem Rastplatz sahen wir ein abgebranntes Zweirad, hielten aber nicht an. Bei einem späteren Halt waren wir uns nicht einig ob es ein großer Roller oder eine Goldwing war. Zurückfahren wollten wir aber auch nicht, um zu sehen wer Recht hat.
Am Golf di Liscia waren wir endlich wieder auf einer richtigen Küstenstraße. Links das Meer mit kristallklarem Wasser und rechts die Berge. Kurven wenige, aber lang und sauber zu ziehen. Es erinnert mich mehr an die Jadranska Magistrala in Kroatien. Ja, durch unsere vielen Reisen können wir so manche Vergleiche ziehen. So richtig kurvig wurde es erst ab Cargese. Schöne Kurbelei bis zum Col de Torraccia (101m – 12:30 Uhr – 83km). Aus Spaß machten 2101m daraus. Der Staub auf dem Schild machte es möglich.
Richtig spaßig wurde es erst ab Calanche. Zu den Highlights Korsikas gehört die Calanche, wo orangerote Felsen in bizarren Formen in die Höhe ragen. Hier erinnerte uns die Strecke an die Kaiserjägerstraße in Italien. Enge Straße durch die Felsen geschnitten mit unübersichtlichen Kurven. Ausgerechnet hier staut es sich hinter einem deutschen Touribus von Schatzinger. Wir kamen Gottlob dran vorbei, denn der kam um keine Kurve in einem Zug rum und hielt auch den ganzen Gegenverkehr auf. Um diese Top Aussicht noch ein bisschen genießen zu können, gönnten wir uns eine Espressopause im Les Roches Bleues. In der Zeit fuhr auch der Bus am Lokal vorbei.
Erst ab Porto wandelte sich die Strecke wieder in eine herrliche, kurvige Küstenstraße. Anzahl der mit- oder gegenfahrenden Fahrzeuge fast Null. Am Bocca a Croce (260m – 14:20 Uhr – 135km) mussten wir unbedingt nochmal halten. In Sachen Aussicht auf Küsten und Berge sind wir ja schon verwöhnt, dennoch war es hier wieder wunderschön. Es ist einer der Plätze, wo man zu sich sagt: „Schöner kann es nicht werden.“ Cappo fragt: „Warum schreibst du immer Kilometerstand und Uhrzeit auf?“ – „Das glaubt mir sonst kein Mensch das wir für 130km 4 Stunden brauchen.“ er konterte: „Ja und, wenn wir nicht überall wo es uns gefällt halten würden und die Aussichten genießen würden, könnten wir die Insel in 4 Tagen schaffen. Wir haben Urlaub!“
Noch eins ist uns dann doch aufgefallen. Wenn wir Autos sahen, die Fahrräder mitschleppten, dann waren es deutsche Fahrzeuge. „Die trauen ihren Autos nicht.“ unkten wir dann immer. Am Bocca di Palmarella (405m – 147km – 14:50 Uhr) war wieder so ein Haltepunkt. An diesem Ort trennt sich der „Departement Corse de Sud“ vom „Departement Haute Nord“ „Also hauen sich hier zwei Abteilungen um was.“ scherzte ich nachdem Cappo gegoogelt hat was die Übersetzung heißt. An der Kreuzung D81 und D81B gesellte sich ein Pärchen aus dem Rems-Muhr-Kreis. Wir klönten eine ganze Weile, tauschten uns aus und fanden tolle Gemeinsamkeiten. Für den weiteren Weg leider nichts gemeinsames, weil wir unterschiedliche Strecken auf dem Zettel hatten. „Man sieht ich immer zwei Mal im Leben.“ verabschiedeten wir uns.
Die D81B versprach Kurvenspaß und ehrlich gesagt: Es ging so. Einen Kaffee in Le Prince de Pierre im weiten Nichts, aber Internet vorhanden. Cappo googelte schon mal nach einem Hotel in der Umgebung bei L lle Rousse. Es war ja mittlerweile zwanzig vor fünf. Nach unseren Schätzungen kamen wir heute nicht viel weiter. Er merkte sich 2 Stück vor, die wir vor Ort dann weiter in Augenschein nehmen wollten. Doppelte Espresso wollten wir dann wohl doch nicht mehr bestellen. „Ich glaube die tun nur doppelt so viel Wasser rein.“ „Jupp! Die nicht doppelten schmecken viel besser.“ einigten wir uns.
Bis kurz vor Calvi, begleiteten uns weite Berge und der weitere Küstenabschnitt ist schroff, die Straße schmaler und welliger. Danach wechselten wir auf die für mich nicht so imposante T30. Selbst die Orte Lumio und Algajola ließen wir links liegen. In L lle Rousse kauften wir wieder in einem Leclerc ein und ich konnte es mir nicht verkneifen in diesem Supermarkt mal zu filmen. Der Laden war einfach groß, sauber und hatte ein tolles Sortiment. Ein Hotel fanden wir auch recht flott durch Cappos vorheriger Recherche. Maria Stella. Nach dem Einchecken musste doch glatt von Cappos Kawa die Kette minimal gespannt werden. „Wann haste die denn das letzte Mal gespannt?“ fragte ich neugierig. „Weiß ich auch nicht so genau. Vielleicht vor 3 – 4 Jahren mal. Scottoiler sei Dank.“ Außerdem gerieten wir im Hotel in die Diskussion, wie schnell wir höchstens mal waren (80 oder doch 100 km/h) und zum Abendessen machten wir einen Stadtbummel. Der Ort erwies sich als recht interessant. Zahlreiche Lokale luden zum Essen ein. Wir begnügten uns mit Burger essen und einem Eis zum Nachtisch. Überall im Ort wuchsen Feigenkakteen. Die Früchte waren reif. Mit dem Eis in der Hand beobachteten wir ein Bocciaspiel im Stadtzentrum. Cappo und ich kannten die Spielregeln nicht und googelten erst mal danach. Über uns in den Bäumen zwitscherten die Vögel so laut, aber auch so richtig laut. Gesehen haben wir sie in der Dunkelheit aber nicht.
08.09. Sonntag um 09:15 Uhr
Wir haben supergut geschlafen und gefrühstückt. Das Wetter spielte mit, denn es war trocken und warm. Allerdings auch sehr stürmisch. Eine Zigarette anstecken ging bei alles Geld der Welt nicht. Ich ließ es sein.
Die Richtung für heute war klar, mittig über die Insel wieder nach Süden. Wir nahmen natürlich wieder die kleinen Straßen durch die Berge, für den Anfang heute die D63. Nach kurzer Fahrt, an einer windstillen Ecke mit Top Aussicht natürlich, konnte ich meine Morgenzigarette nachholen. Bei dem weiteren Verlauf unserer Route hatte ich des Öfteren das Gefühl, hier waren wir schon mal, konnte aber nicht sein. Das Naturschutzgebiet bot ja bisher immer wieder tolle Überraschungen für uns und wir waren gespannt was heute auf uns zu kam. Ab Spelocanto ging der Spaß dann so richtig los. Außer ein Boah nach dem anderen kam kein vernünftiger Satz zustande. Diese Gegend kann man nicht so einfach beschreiben, die muss man gesehen haben. „Als der liebe Gott die Welt schuf, hat er sich hier aber besonders viel Mühe gegeben.“ sagte ich mal so vor mich hin.
Wir wechselten auf die D71 und die RT301 zum Col de San Colombano. Übrigens: RT heißt „Route Territoriale“. „Genau hier ist die Grenze zum Naturschutzgebiet.“ sagte Cappo und zeigte mir auf der Karte wo wir waren. Eine schnurgerade Passage existiert auf der gut 42 Kilometer langen Passstraße über den Col de San Colombano im Prinzip nicht – zum Glück. Damit ist auf der gut ausgebauten und äußerst kurvenreichen Strecke ein Fahrspaß garantiert, der die Orte Ponte-Leccia und Belgodère im Norden Korsikas miteinander verbindet.
Durch das „Grün“ säumten wieder viele Olivenbäume die Straße. In Ponte Leccia absolvierten wir unsere erste Cappuccino Pause und ich rätselte auf einmal: „Wie schreibt man den jetzt Cappuccino?“ Auf der Tafel vor dem Lokal und auf der Speisekarte in 2 Sprachenwurde es jedes Mal anders geschrieben und ich musste echt überlegen. Cappo hilf mir auf die Sprünge. Es war mittlerweile schon wieder 10 vor 11 und wir hatten 63 km auf der Uhr, bis jetzt, und bis jetzt war es auch eine richtig schöne Motorradwanderung. Sollte es diesen Ausdruck bisher noch nicht gegeben haben, so habe ich ihn hiermit erfunden. Anders kann ich eine solch schöne Tour nicht beschreiben. An Raserei und wenig Grad Kurvenlage besteht unsereins kein Interesse.
Cappo bewunderte die korsischen Autokennzeichen, die rechts an der Seite das Zeichen des Freiheitskämpfers haben. Der Korsen Kopf, auf Französisch „tête de maure“ genannt, ist das typische korsische Wappen. Das Wappen zeigt einen Mohrenkopf mit krausem Haar und weißem Stirnband, welches im Nacken zusammengebunden ist. Es soll ein Freiheitssymbol der Korsen darstellen, allerdings ist nicht klar, wer dargestellt wird. Um die Bedeutung und Entstehung des Symbols gibt es zahlreiche Legenden. Auch hier bitte ich es selbst nach zu googeln. Wir lösten auch das 2A-2B Rätsel auf den Autokennzeichen per Google: Das Département 20 (Korsika) wurde mit Beginn des Jahres 1976 zweigeteilt. Seitdem tragen die Kennzeichen der Insel „2A“ (Corse-du-Sud, Hauptstadt: Ajaccio) bzw. „2B“ (Haute-Corse, Hauptstadt: Bastia). – Aha, so einfach geht das, Google sei Dank.
Die T20 sollte uns etwas schneller in Richtung Süden bringen und so blieben wir bis Popolasca auf ihr bevor wir die D18 zum Col de Croce d´ Arbitro (664m) um 11:30 Uhr mit 75km erreichten. „Ja, am Freitag waren wir auch schon mal hier.“ bestätigte Cappo. Bei Sta. Regina durchfuhren wir eine tolle Schlucht, leider war es dort aber wieder sehr stürmisch und der Verkehr nahm zu. „Sonntagsausflügler“ sagte Cappo zu mir. „Zu viele!“ antwortete ich. Die tiefe, enge Schlucht Défilé de la Scala di Santa Regina im Norden Korsikas gehört zu den bekanntesten Bergtälern der Insel.
Völlig zu Recht, denn die scharfen Kurven der Talstraße, die sich durch das karge, nur von dürren Pinien und stacheligen Ginsterbüschen bewachsene Tal schlängelt, lassen unsere Herzen höherschlagen. Trotzdem sollte man es bei einem Ausflug in die wunderbare Klamm langsam zugehen lassen. Denn immer wieder drängen sich Reisebusse und Camper entlang des nur durch ein kleines Mäuerchen vom Abgrund getrennten Straße. Einen Gang runter schalten ist in dieser Schlucht ohnehin angesagt, denn sonst rast man wie viele Motorradfahrer an der einmaligen Landschaft achtlos vorbei. An den wenigen Haltepunkten auf der Strecke kann man die massiven Granitvorsprünge und überhängenden Felsen bestaunen, die dem Tal ihren Namen gaben – „Treppe der Heiligen Königin„. Der Legende nach soll die Jungfrau Maria das tiefe Tal als Fluchtweg in den Berg geschlagen haben, um dem Heiligen Martin beim Kampf gegen den Teufel zu helfen. Dass bei einer solchen Operation mächtig die Fetzen fliegen, ist klar: Einige Steinbrocken sollen die hohen Berge von Monte Cinto und Paglia Orba sein, die auf der anderen Seite der Niolo-Hochebene liegen und zu den höchsten Erhebungen der Insel zählen.
Die Felsenformationen boten spektakuläre Ansichten und regten die Phantasie an. Wir montierten die GoPro zum ersten Mal auf meinen Helm. „Oje, jetzt wird ich kopflastig. Naja, dann eiern wir mal weiter, wir haben ja Zeit.“
Der nächste Halt sollte der Bocca di Verghju, oder auch Col de Vergio (1478m) genannt, sein. Es ist die höchste Passstraße auf dieser Insel. „Aha, schon wieder die höchste.“ maulte ich rum.
Es war uns zu kalt, ja richtig gelesen, nur 10°, und zu stürmisch um dort anzuhalten. Nicht mal ein Foto von der Statue machten wir. Ich sah grade noch das Schild das hier der Fernwanderweg GR20 kreuzt. Wandern? So richtig zu Fuß und lange? Nix für uns. „Was nervt hier mehr? Der Wind oder der Verkehr?“ fragte ich. „Eine Mischung aus beiden. Brauchen wir beides nicht.“ kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
An der Cascarde de la Walla Scarpa konnten wir nicht anhalten. Alles vollgeparkt. Wir stoppten etwas weiter auf dieser Strecke, denn in die riesige Schlucht (Wanderweg Mare a Mare Nord), die wir stellenweise von der Straße aus sehen konnten, wollten wir auf jeden Fall schauen.
Auf der D84 ging es weiter, vorbei an riesigen Lariciokiefern, auch wenn wir sie immer als Lärchen bezeichneten. „Voll der Wald hier.“ „Jau, fast wie in Südtirol. Dolomiten. Dolokaufen. Wollen du kaufen oder mieten?“ stellte Cappo die Frage als Witz gemeint. Auf dem weiteren Weg sind viele Aussichtspunkte markiert und laden zum Anhalten ein, wegen der imposanten Schlucht.
Wir probierten wieder ob ein Echo funktioniert. Er schrie aber in die falsche Richtung. „Schrei mal da lang.“ riet ich ihm. Er tat es. „ ..siehste.“ Er: „– nää, seh ich nix – wenn dann höre ich, aber ich höre nix.“
Wir probierten mal was Neues. Erstmalig klebten wir eine Asphaltpiratenaufkleber auf einen Stein. Ein großes Gelächter am Bocca di Sevi (1101m), weil ich einen Aufkleber vom Unterpapier abknibbeln wollte und es nicht so richtig gelang. Es dauerte. Cappo filmt es und kommentierte dazu: „Gleich ist Speicherkarte voll.“ Es war mittlerweile 14:40 Uhr und wir hatten 144km runter.
Eine Cappuccino Pause in Vico. Cappo stierte wieder auf die Karte. „Suchst du etwas wieder eine Schotterstrecke?“ fragte ich. „Nein.“ ich war beruhigt. „Die Frage des Tages ist: Wer entscheidet das die grünen Linien an der Straße in der Karte gezeichnet werden, wer ist das gefahren?“ Wir kontrollieren es. Heute gibt es kein Formel1-Rennen für uns. Fahren ist schöner. Wir wollten das Rennen dann halt später schauen, wenn wir denn dazu kamen. „Hoffentlich passiert bis zum Sehen kein Spoilern.“ ich guckte ihn wohl blöd an. „Spoilern – das Ergebnis vorher wissen bevor wir den Film gesehen haben.“ „Aha…“
Als wir die D1 weiter kurvten, Richtung Ambiegna, viel mir so ein ganz altes Lied ein. Titel: „Immer an de Wand lang“. Rechts von uns eine Felsenwand mit nichts dran am wachsen und links 1,5 Meter ging es die Böschung runter, so an die 300m. Natürlich wieder keine Straßenbegrenzung, wie Leit(d)planke oder Mäuerchen. Cappo nannte diese Schlucht einfach mal so Grand Canyon von Korsika. Naja, ich fand er übertrieb ein kleines bisschen. Aber es hatte was davon, so ein bisschen. Auf jeden Fall gab es auf der ganzen Strecke wieder kaum ein Stück grade Straße. „Ich habe Angst um meine Außenspiegel.“ sagte ich zu ihm. Er: „Bei deinen Spiegel hätte ich es auch.“ Ich: „Aber ich sehe was nach hinten.“ Er: „- was siehst du nach hinten?“ Ich: „Ich sehe wo ich herkomme.“ Er: „Na dann kannst du ja gucken bis du hinten rüber fällst….“
Es macht schon Spaß, wenn wir uns gegenseitig foppen.
An einem ganz alten, sehr hohen Viadukt mussten wir einfach halten. Imposant schön. „Da haben die Menschen vor 2000 Jahren eine Brücke gebaut, die hält heute noch. Heutzutage bauen sie Brücken und können die nach 60 Jahren wieder abreißen.“ sagte ich. Cappo stimmte mir zu. Ein Motorradfahrer aus Pfaffenhofen gesellte sich zu uns. Wir tauschten uns aus. Die ganze Unterhaltung über Moppeds, Strecken gefahren, Strecken noch vor sich usw. dauerte über eine halbe Stunde. Wir bekamen von ihm noch einen Tipp über eine Straße, die zwar fahrerisch nicht besonders ist, aber von der Aussicht her lohnenswert ist. Wir schrieben es uns auf „unsere Fahne“.
Bis zum Bocca di Sarzoggio (612m, 16:30 Uhr und 204km) war mir die Straße nicht so geheuer. Durch den Regen in den letzten Tagen, der hier runtergekommen sein muss, war die Straße sehr versandet. Rutschgefahr und Viecher. Es folgten noch einige Boccas und Cols an denen wir aber nicht anhielten.
Die D302 bei Pila Canale lies sich wunderbar heizen. Man achte aber auf die Tiere. Hier konnten wir bei einer Top-Aussicht ein paar Meter machen.
Als wir die D757 überquerten boten „schöne Schilder“ ein Fahrvergnügen an. Verbot für Fahrzeuge über 3,3 t, max. 6,00m lang und 2,5m breit. Well done. Ein „Juchuu!“ quoll aus Cappos Helm und “gestern die ganze Küstenstraße und heute über die Berge zurück.“ Die Strecke war ein Gedicht. Echt. Wieder über mehrere Cols und Boccas mit viel zum gucken und, und, und. Bis zum Col de Celaccia hielt dieses Vergnügen an. Als Cappo sagte das jetzt die T40 bis Propriano anstünde, dachte ich zuerst „ach du Schei…“, eine Schnellstraße. Dies erwies sich aber als unbegründet. Auch diese Strecke hat seine Reize, die man so schnell nicht wieder vergisst. Ein Hinweisschild wies nach Tolla und Cappo fiel gleich wieder ein Werbegag ein „Korsika ist Tolla.“ statt toller. Wir hatten noch ausgiebig Zeit und konnten auch gar nicht anders als einen Viehtrieb mit Range Rover zu beobachten. Die Straße war gesperrt.
In Propriano, im Hotel Hibiscus fanden wir eine bezahlbare Unterkunft mit Blick auf das Meer – was will man mehr. Gut, das Haus hatte bestimmt schon bessere Tage gesehen, doch wir waren voll zufrieden. Ein riesiger Hibiskus Busch faszinierte Cappo. „Aha, daher hat das Hotel seinen Namen.“ Einchecken, duschen, ein Bummel durch die Stadt, Abendessen und pennen gehen. Bloß kein Fernseher an machen. Wir könnten ja Formel1 Ergebnisse mitbekommen.
09.09. Montag um 09:30 Uhr
Der Plan für heute war gestern beim Abendessen und studieren der Karte verfasst worden. „Wir bleiben im Süden und schauen mal ob wir heute spät Nachmittag in Bonifacio oder Porto Veccio eine Bleibe finden. Dann können wir heute nochmal im Mittelmeer baden.“
Bei unserer Abfahrt hatte ich sowas von gute Laune, das mir folgender Wortlaut einfiel: “ Let´s get ready to rumble…“ Cappo lachte nur und meinte nach dem Blick auf sein Handy: „Den Rest der Woche soll es auf der ganzen Insel trocken bleiben.“ „Ich vertraue deiner App nicht mehr, die Korsen machen eh was sie wollen.“ fiel mir nur als Antwort ein und dachte an letzten Donnerstag. Mit dem Songtext: „Das Motorrad aber ließ ihn nicht los“ und der Melodie von Ghost Rider verließen wir das Gelände vom netten Hotel. Alt, aber gut.
Der erste Stopp war der Charles Serra Aussichtspunkt und Cappo pfeift ein Lied, das ich kenne, mir aber nicht einfällt und Google kennt nichts über diesen Ort, aber eine Art Gedenktafel ist da. Uns fiel immer noch kein Motto für diese Tour ein. Cappo hatte sich einen Zweig im Bremsgestänge hinten eingefangen und fegte damit die Straße und mir fiel ein, dass ich mein Käppi im Hotel unter der Tagesdecke liegen lassen hatte. Mist, brennende Sonne und kein Hut, dachte ich. Die D19 erwies sich als relativ schlecht gepflegte Straße, was aber die D119 und die D69 wieder wett machten. Manche Ortsnamen erinnern mich mehr an das Gälisch/Walisische im Norden von Schottland, als an Französisches oder Italienisches. Vor allem, wenn sie mit *ghu oder *hju endeten. An irgend so einem Col irgendwo, läuteten sogar die Glocken einer Kirche so, dass sie einer uns unbekannten Melodie entsprach. Cappo machte den Dirigenten.
Und dann kam die Strecke, die ja fahrerisch nicht so anspruchsvoll sein soll, aber für das Auge einiges zu bieten hat. Es stimmte. Einen so richtigen Kurvenspaß hatten wir nicht. Die Straße war wieder unwahrscheinlich schmal. Es waren keine Wohnwagen, keine FZ mit Anhänger, für max. 18t zugelassen. Es trieb uns wieder das große Grinsen ins Gesicht. An einem Halt war Cappos Meinung zu dieser Route: „Wer sein Motorrad nicht beherrscht sollte hier nicht lang fahren.“ Ich konnte nur zustimmen. Wir versuchten das Verhältnis Kurve zu Grade auszuloten und einigten uns auf 10% für Grade. Die Strecke endete kurz vor dem Col oder Bocca de Vaccia. Es war das reinste Kurvenkarusell.
Im spektakulärer Zickzack den Berg hoch. Tolle Strecke, die bleibt in Erinnerung.
Vor allem, weil wir auf keiner der Straßen von Korsika bisher so viel Kuh-, Schweine,- und Ziegenkacke auf der Straße liegen sahen. In meinem Hinterkopf hatte ich Cappos Hinterradreifen vor Augen – Rennslicks haben auch nicht mehr Profil.
Cappo wollte vor fahren um diese schöne Gegend während der Fahrt zu filmen und sagte: „Warte einen Augenblick hier, ich filme dich, wenn du den Berg hochkommst.“ Warum nicht. Als wir uns oben wieder trafen sagte er: „Das hat aber gedauert.“ Meine Antwort: „Dafür habe ich jetzt ein Schwein im Koffer. Abendessen ist gesichert.“ Er: “Na denn, Herr Obelix. Fahren Sie mal vor.“
In Aulene kreuzte sich der Weg von heute Vormittag und wir folgten später die D420. Top kurvig, top griffig und Postkartenmotive ohne Ende. Wegen einem Hüngerchen stoppten wir in Petreto, weil ein Supermarkt und eine Tankstelle dicht beieinander lagen. Wir holten uns Grissini und Schinken und meiner Meinung nach soviel davon, dass es die nächsten 3 Tage reichte. Wir hatten 68km auf den Tacho und es war schon 11:40 Uhr.
Die nächste Kaffeepause war in Levie. Ein Bergdörfchen wie es im Buche steht. Mitten an der Hauptstraße. Ich musste filmen, wollte ich so als Erinnerung und sprach dabei: „Und jetzt sind wir hier in einem schicken Bergdörfchen, wie es heißt weiß ich grade nicht aber Cappo weiß das.“ und schwenkte das Handy auf Cappo der prompt sagte: „Levie heißt das.“ Es war aber wenig Verkehr und Cappo googelte schon mal nach einem Hotel. „Es ist zu verzweifeln.“ sagte er. „Nichts frei oder sowas von teuer, da kann man locker eine Woche Urlaub in Südtirol machen.“ Ich sagte nur: „268m bis zum Wasser.“ er: „Hä? Was? Wie bitte?“ „Nach unten, senkrecht.“ Ich sah das Schild 268m üNN auf Französisch. Am Bocca Bavella (1218m – 15:30 Uhr – 165 Tageskilometer) herrschte viel Verkehr. Es machte gar keinen Spaß mehr. Und wiederum wurde ich von einem Franzosen, mittleren Alters, auf meine XJ angesprochen, der dritte auf dieser Tour. Ja, mein Mopped gebe ich nicht mehr her.
Wir hielten uns nur kurz auf und fuhren raus aus dem Gewimmel. Es besserte sich Verkehrs mässig auch nicht auf dem Weg zum Bocca di Laron (608m – 15:50 Uhr – 178km). Die Gegend erinnerte und so ein bisschen an die Dolomiten. Cappo meint: „Hier sind also die korsischen Dolomiten.“ Die Berge waren schroff, steil und reine Felsgebirge. So richtig Massiv, nur nicht so hoch. An einem Bergbachtümpel machten wir die nächste Rast und stiegen runter zum Wasser. Kristallklar und eisig kalt. Ich lies meine Schuhe an, bevor ich kalte Füße kriege und stiefelte rein. Cappo warf ein paar Felsen von oben herab ins Wasser. Mir fiel prompt wieder der Plumpaquatsch ein. Eine Kindersendung aus den früheren Jahren in dem der Frosch erklärt, wo er den Namen Plumpaquatsch her hat. „Wenn man einen großen Stein ins Wasser wirft, dann macht das Plumpaquatsch.“ Cappo kannte die Story schon aus Kroatien, da habe ich ihm das schonmal erzählt.
Hier hatten wir wenigstens nicht mehr so viele Reisende um uns. Die sind alle an der Cascarde de Polischellu (Wasserfall) ein paar Kilometer hinter uns geblieben. Ein beliebter Wanderort, also nix für uns. Wir werden auf Französisch angesprochen und bestimmt nach dem Weg gefragt. Wir antworten auf Englisch und sie reden auf einmal englisch. Siehste, geht doch.
An einem weiteren Bergsee, der von oben herab so aussah wie ein Batman Symbol, machten wir eine weitere Rast. Ich hatte beim Einparken leichte Schwierigkeiten, denn jedes Mal, wenn ich die Vorderradbremse zog, rutschte ich wieder zurück auf die Straße. Cappo dokumentierte dieses Vorgehen per Video und lachte sich scheckig.
Auf der T20 machten wir uns auf den Weg nach Süden. Wir kamen zwar voran aber der Verkehr in den Orten war auf Stopp and Go eingestellt. Es war heiß und wir hatten die Nase so richtig voll. In einem schattigen Plätzchen machten wir uns endgültig auf eine Suche nach einer UNTERKUNFT.
„Nichts zu machen.“ sagte er nach geraumer Zeit, einigen Telefonaten und Booking Suchen. „Alles zu teuer oder nicht frei.“ wir gaben auf und richteten unsere Suche weiter nach Norden.
Nach weiteren Fehlversuchen fanden wir sowas wie eine Jugendherberge oder Jugendfreizeit bei Favone: Les Pavillions du Golfe. Eigentlich Ideal für Schulkinder auf Klassenfahrt oder ähnliches. Ein großer Pool und reichlich Spielgeräte waren vorhanden. Nicht weit weg vom Strand, doch da hatten wir wegen der fehlenden Sonne nicht mehr viel von. Es war zappenduster. In dem Pizzarestaurant um die Ecke ließen wir es uns so richtig gut gehen. Begeistert waren wir nicht nur von der Pizza, sondern auch von den Messern. Sauscharf und gebogen wie ein „Türkensäbel“.
Müde fielen wir ins Bett. Es war wieder ein wunderschöner Tag und ein genauso schöner Abend. Gott, was wollen wir mehr. Fernseher gab es keinen, dem Herrn sei es gepriesen und gepfiffen. Wieder keine F1 Ergebnisse.
10.09. Dienstag um 09:15 Uhr
Klar, diese Unterkunft war ohne Frühstück und wir steuerten erstmal den nächsten Supermarkt an, der sowas wie Frühstück anbot. Ein Sparmarkt in Lecci bot alles was wir brauchten. Cappuccino to-go, Croissants, Käse und frischen Schinken. Gemütlich verzehrten wir all das auf dem Parkplatz des Supermarktes und beobachteten das Geschehen um uns rundum. Es war auch nicht viel anders als in Deutschland. Einer Frau, die ihren Einkaufswagen mit Mineralwasserflaschen so vollpackte, dass er umfiel, halfen wir selbstverständlich beim Aufheben.
Gesättigt und abfahrbereit sahen wir von rechts dicke Regenwolken. Wir drehten nach links ab, ein Stück die T10 entlang um dann auf die D559 und D368 abzubiegen. Es kringelte sich dermaßen den Berg hoch, dass ich mir vorkam wie auf einer Achterbahn. Auf einer Bergkuppe pausierten wir und musste doch glatt mal den Reifen auf Temperatur fühlten. „Man, der ist ja richtig warm.“ meinte ich überrascht. „Stimmt, und da unten ist Port Veccio, die Stadt die uns nicht wollte!“ antwortete Cappo sah sich seinen Vorderradreifen genauer an: „Fast blank, aber in der Mitte ist noch genug Profil.“ Es stimmte, auf den Flanken ähnelten sie eher Slicks als Profilreifen. Hinten war gar nichts mehr an Rillen zu erkennen. „Die paar hundert Kilometer hält der noch, kommt ja kein Draht durch.“ war sein Kommentar dazu.
Eine Regenwolke vor uns ließ Cappos gute Laune aus dem Gesicht gleiten. Ich sagte nur: “Ich bin guter Dinge wir bleiben trocken.“ Jetzt grinste er wieder in voller Breite.
Touristisch ist diese Gegend interessant: Der künstliche Stausee Lac de L´Ospedale lädt zu einem Rundwandergang ein. Er versorgt Porto Vecchio mit Wasser und ist ein bekannter Ausflugsort. Umgeben von dramatischen Bergen, beeindruckenden Granitfelsen und Pinien ist der Lac de L’Ospedale einen Halt durchaus wert. Von hier oben hat man einen grandiosen Ausblick auf den Golf von Porto Vecchio – den besten Blick genießt man, wenn man den am weitesten entfernten Parkplatz anfährt. Außerdem findet man an dem See den Abenteuerpark Xtreme Sud, wo abenteuerhungrige Freizeitangebote wie Canyoning oder Quad fahren stattfinden. Schwimmen im Stausee ist allerdings verboten.
Das Felsenmeer U Diamante ist zum Klettern da. Die Kletterei über die Granitblöcke mit deren rauen Oberfläche ist spaßig. Der Gipfel ist allerdings nur mit leichter Kletterei erreichbar.
Man sagt uns, dass man dort eine nette abenteuerliche Tour, in einer märchenhaften Granitlandschaft, machen könne. Sichere Kletterer können auf das Seil verzichten, Kinder oder unsichere Geher sollten aber auf jeden Fall ans Seil genommen werden. Bombenfester Fels!
Macht man, aber ohne mich. Nebenan gibt es auch ein Restaurant Namens La Cascade, in dem man eine nette Brotzeit zu sich nehmen kann. „Alles ganz nett hier, nur zum Wasserfall laufen wir nicht.“ waren wir uns einig.
Um 11:00 Uhr gönnten wir uns eine Espressopause in Zonza und dort setzte sich ein nettes Pärchen aus Nürnberg an den Nebentisch. Wir kamen sofort ins Gespräch über diese schöne Insel. Woher, wo lang und wie lange. Andere Themen waren natürlich vorhanden. Z.B. Korsika früher und heute. Sie waren schon ein paar Mal auf dieser Insel und erzählen auch heute noch zu den begeisterten Wiederkehrern. Das Ganze dauerte ca. eine halbe Stunde, dann trennten sich unsere Wege. Wir hatten schon 2 Espresso getrunken, denn der Kaffee schmeckte ganz schön sahnig, anders halt. In dieser Stadt laufen verdammt viele Leute rum und wird von Motorradfahrern stark frequentiert. Einen Souvenirshop besuchten wir dennoch.
Auf der D420 bekommt der Begriff Motorradwandern noch Mal eine neue Bedeutung.
Kurvenschwingen durch die grüne Landschaft. Olivenbäume und Maronen wechseln sich zuhauf ab. Das änderte sich aber in Richtung Passo della Vaccia. Die Vegetation lies fast schlagartig nach. Klar, dass wir dort wieder Mal die Weiten in uns aufnahmen. Einfach genial diese Insel und hier oben ist nichts los und warum heißt dieser Übergang auf einmal „Passo della“? Das ist doch mehr ein italienischer Ausdruck. Ein anderes Motorradpärchen hielt im weiten Abstand von uns. Ein paar Pferde liefen hier rum, die an uns aber kein Interesse zeigten und wir an ihnen auch nicht. Jetzt hatte wir schon 96km runter uns es war mittlerweile 10 vor eins.
Kurz vor Zicavo ging uns wieder einmal ein großer Schreck durch die Glieder. Wir waren zwar nicht schnell unterwegs, aber wenn auf einmal ein Pferd quer mitten auf der schmalen Straße steht, ist schnelles Reagieren gefragt.
Der Col de Verde ist wieder ein Scheitelpunkt zwischen dem Department Corse du Sud und Nord (Haute). Hier kreuzt der berühmte Weitwanderweg GR-20 die Passstraße. Dennoch ist hier eine ruhige Wanderregion mit herrlichen Buchen- und Kiefernwäldern und aussichtsreichen Zweitausendern. Der Weg dorthin ist sehr wellig und sandig lang durch den Wald. Klar, wir sind ja wieder seit geraumer Zeit im Parc Naturell. Komischerweise sind hier unwahrscheinlich viele Radfahrer unterwegs.
Nach weiteren 58km und eineinhalb Stunden später war uns wieder nach einem Espresso. Das Lokal A Stazzona lag direkt an der Straße und sah sehr einladend aus. „In diesem Ort laufen sogar die Kühe auf der Straße rum.“ bemerkte ich. „Liegt wohl daran, dass hier kein Auto fährt – nur so 2 deutsche Motorradtouris.“ bemerkte Cappo.
Wir blieben bis zum Schluss auf der D69. Diese schmale Straße, die schmal und kurvig eine Schneise durch den Wald schnitt, war mittlerweile nichts Besonderes mehr. Wir tätigten eine kleine Mittagspause kurz vor Cuzza. Wir aßen unsere Grissini und den Schinken. „Das Schwein vom Schinken stand bestimmt mal in dieser Kurve!“ sagte Cappo lachend. „Könnte sogar sein.“ lachte ich. Eine reine Mutmaßung.
Auf der T20 trollten wir uns wieder bis Venaco, um über die D143 und T50 zur D315 zu gelangen. Einen Teil der Strecke kannten wir ja schon. Die Genueser Brücke bei Altiani aus dem 17.ten Jahrhundert imponierte uns gewaltig und das Bergdorf Altione erst recht. Bei einem kurzen Halt sagte ich zu Cappo: „Wenn ich hier wohnen würde, würde ich glatt auf 3 Tage Urlaub vom Arbeitergeber verzichten.“ Er sagte nur höhnisch: “Ich nicht. Es ist einfach nur schön hier zu stehen und in die Ferne und auf die Berge zu schauen.“
Diese Aussicht durften wir auf der kleinen Bergstraße D14 bis Erbajolo und auf der D41 bis Righielle genießen. Einfach nur schön und wunderschön schön. Wenn wir könnten, würden wir 10 Piratenpunkte geben. So gibt es aber verdient die Höchstzahl von 5 Piratenpunkten mit Krone von uns. Korsen, da habt ihr was tolles gebaut. Hut ab, oder besser gesagt Chapeau. In den ganz engen Kehren setzten sogar meine Koffer auf. „Gebrauchspuren!“ war mein einziger Kommentar dazu. Nicht schlecht gestaunt haben wir auch in Santa Lucia de Mercurio. Ein Gipfelkreuz am Straßenrand. Klar, anhalten und wieder den Augen nicht trauen was sie sehen. „Mir fällt dazu nur ein Wort ein: „Grandios, ich bin sprachlos“. sagte ich und bekam den Mund kaum wieder zu. „Jaauuu. Aber wenn du das sagst, ist es nicht mehr sprachlos.“ „Ich finde keinen anderen Ausdruck für diese Stelle.“ sagte ich. „Also da gibt es noch manific, mesta biene, molto bene, schön, beautiful.“ ergänzte er.
Nach langer Überlegung … gibt es noch eins? „Iberall is scheen“, sagte er auf einmal grinsend und ich pfiff den Radetzky Marsch. Cappo betätigte den Blinker im Takt dazu. „Auf dieser Insel ist doch glatt alles steigerungsfähig.“ sagte ich.
„und wir haben immer noch kein Motto.“ „Bei der Kurbelei und den vielen gucken komme ich gar nicht zum überlegen.“ war mein Kommentar dazu. In diesem Ort hörte man nichts. Kein Laut. Schon fast unheimlich diese 100%ige Ruhe. Toll sowas auch mal zu erleben. Wir haben so eine Situation in noch keinem anderen Land erlebt. Es war mittlerweile 17:45 Uhr und wir hatten 238km bisher abgemotorradwandert :-).
Nach ein paar Kilometern mussten wir aber mal wieder die Handschuhe anziehen und mir fiel der Spruch von Otto Waalkes ein: I love you to want you – zu Deutsch: wo ist mein Handschuh.
Tralonka ist eine Stadt auf einem Berggipfel – Traumhaft.
Cappo googelte nach einem Hotel bei Ponte Leccia. Fand auch eins etwas außerhalb des Ortes und machte das Ding fest. „Wir sollten spätestens um 20:00 Uhr da sein, so lange ist die Dame noch da.“ Um nun etwas schneller voran zu kommen bügelten wir die T20 lang, hielten im Ort noch an einem Supermarkt und ich hielt die Augen auf nach einem Geldautomaten. Das Hotel entpuppte sich als ein Bungalowpark. Top eingerichtet. Sauber und sehr empfehlenswert: Hotel Ascosa Valleein Terra Corsa. Ich drückte den Tageskilometerzähler auf null.
Geduscht und umgezogen fuhren wir abends zurück nach Ponte Leccia. Erst noch tanken und dann zum Abendessen. Auf dem Hinweg ist uns schon das Lokal: Bar Colonna aufgefallen. Wir gönnten uns ein herrlich leckeres Entrecôte mit Beilagen. Am Nachbartisch saßen Gesinde und Christian mit denen wir uns ausgelassen unterhielten. Zum Route planen für morgen kamen wir nicht. Es war Zappenduster als wir uns auf den Rückweg machten und hatten den Vollmond voll im Auge. „Faszinierend und ein ganz toller Tag.“ sagte ich zum Abschluss. Die Betten riefen und wir gingen wieder ohne Formel1 Ergebnisse ins Bett.
11.09. Mittwoch um 10:00 Uhr
Bei einem tollen Frühstück schmiedeten wir den Tag und wollten eine ungefähre Zeit festlegen, wann wir wieder in Bastia ankommen wollten. „Ich schlage vor, dass wir auf jeden Fall noch diese Sackgasse mitnehmen.“ sagte Cappo als er mir die Karte vor die Nase hielt. Er zeigte auf der D47 entlang über Asco zum Monte Cinto. „Klar. Gerne. Vielleicht wird’s so schön wie im Aosta Tal und seinen Auslegern.“ stimmte ich zu. „Geschätzt sind das 35km bis zum Ende.“ sagte er und startete schon sein Mopped.
Die ersten 5-10km waren recht unspektakulär. Den ersten Halt machte wir an der Schildkrötenstadt im Asco-Tal. Den Hinweis auf dem Schild übersetzten wir mit: 2 Stunden zu Fuß. Wussten aber nicht, dass es gleich um die Ecke war und ein Rundgang 2 Stunden dauern kann. Auf Korsika gibt es 2 sehenswerte Schildkrötenfarmen. Die kleinere Farm „Le Village des Tortues“ befindet sich im Asco-Tal, die größere Farm „A Cupulatta“ liegt zwischen Corte und Ajaccio. Speziell für Kinder ist ein Besuch auf einer Schildkrötenfarm ein besonderes Erlebnis, denn beide Anlagen sind liebevoll und ansprechend gestaltet und bringen den Kindern den Lebensraum der außergewöhnlichen Panzertiere näher. Im Schildkrötenpark „A Cupulatta“ sind über 150 verschiedene Schildkrötenarten untergebracht. Hier trifft man auch auf exotische Bewohner, wie die Riesenschildkröten von den Seychellen und Galapagos-Inseln. Ein besonderes Highlight ist die eigene Aufzuchtstation des Parks. Die Besucher können hinter Glas die nur wenigen Tage alten Schildkröten aus nächster Nähe betrachten. Ab jetzt erinnerte mich diese Strecke immer mehr an den Einstieg in das Schnalstal bei Naturns in Südtirol. Links ein Bergbach der uns entgegen kam und rechts die steilen Berge. Mehrere beschilderte Aussichtspunkte luden zum Halten ein. Den einen und anderen nahmen wir auch mit. Cappo brachte aus irgendeinem Grund das Neandertal ins Spiel und stimmte gleich mit dem Refrain des Liedes von EAV ein: „Willkommen im Neandertal, willkommen, willkommen…“
Die Schlucht bot einiges, was es sich lohnt anzuschauen. Am Endpunkt der Strecke angekommen, hatten wir, ohne es so richtig zu bemerken, einige Höhenmeter hinter uns gebracht. Ein Skilift, ein riesiger Parkplatz und ein nettes Restaurant mit Souvenirshop begrüßten uns. Die Sonne war ja sowieso da. Cappo hatte Recht. Es waren genau 35km bis hierher. Ich hatte 39km auf dem Tacho, musste aber die 4 km abziehen, weil wir nach dem Rückstellen noch zum Essen gefahren sind. Passt also. Ein toller Navigator – oder hat er vorher gegoogelt? Nach einem Espresso und ein paar Einkäufen von Souvenirs (unter anderem ein neues Käppi, ein Geschenk von Cappo an mich) sputeten wir uns wieder auf die Moppeds zu kommen. Warum? Eine große Gruppe, ich will nicht von Horde sprechen, von Motorradfahrer/innen rüsteten sich auch zur Abfahrt und da wollten wir partout nicht hinterher eiern.
Die Rüstzeit der Gruppe muss wohl etwas länger gedauert haben als wir dachten. Denn auf dem Rückweg aus dem Tal machten wir noch ein paar Fahrvideos, die uns doch etwas aufhielten und die Gruppe kam nicht vorbei. Cappo nahm ein Video auf in dem er bewies, dass ein abgefahrener Reifen einen Shimmy Effekt auslöst. Seine Lenkung schlägt, was sie bisher noch nie gemacht hat. Seine Reifen sind völlig hinüber. Auf dem weiteren Weg sang ich fröhlich in die Welt: „Das wandern ist des Müllers Lust…“, so eine gute Laune hatte ich.
Zurück über Ponte Leccia bogen wir auf die D39 ab und rasteten an einer Uraltbrücke, die wohl abgerissen werden soll. Daneben war eine Behelfsbrücke aufgebaut, die mit dicken Holzbowlen ausgelegt war. Wenn ein Fahrzeug darüber rollte, donnerte es ganz schön laut. Als ich auf die Brücke zeigte und Cappo anschaute, sagte er blitzartig: „Ich wars nicht!“ Ich kam aus dem Lachkrampf nicht mehr raus. Solch eine spontane Äußerung hatte ich nicht erwartet. Er ging zur Abbruchkante der Brücke und sang dabei das Lied: „Das Wandern ist des Müllers Lust“. So laut habe ich nun auch nicht gesungen, als dass er das während der Fahrt hätte hören können.
Die Temperaturen sind mittlerweile so weit angestiegen, dass wir keinen Bock auf die Motoradjacke hatten. Wir blieben ja doch alle paar Meter stehen um irgendetwas auszukundschaften. Wir lobten die breiten Spanngummis mit Drahthaken, die wir mitgenommen hatten. Damit kann man bestens die Jacken (und anderes) auf dem Soziussitz befestigen.
Bei Morosaglia verließen wir die D639 und folgten der D71. Die schlängelten sich wieder durch die Berge wie ein Spaghetti-Haufen. Auf dem Bocca de Arcarota (819m) machten wir im Schatten eine Pause und betrachteten die Maronenbäume mal etwas genauer. Wir pflückten uns welche zum Mitnehmen. Ich habe mich beim Fangen der Maronen ganz schön gepikst. Die Polizei beobachtete Cappo dabei, wie er einen Karton gefüllt mit leeren Plastikflaschen zum Müllcontainer brachte. „Wir sind saubere Touris.“ war sein Statement dazu. Auf der ganzen bisherigen Tour sind wir erst zwei Mal der Polizei begegnet. Die Schrift auf dem Passschild war wieder übertüncht. Hier gilt nur die korsische Sprache. Bis hierher waren es 103km und es war 13:20 Uhr. Hier fanden wir auch ein Motto unserer Reise. „Korsika, das Kurvenkarusell.“
Auf der D71 machten wir die letzten Meter durch den Naturpark. Grandios, noch mal so durch die Berge zu schlängeln. Am Straßenrand sah ich eine Ziege und ein paar Meter weiter stand ich in einer Ziegenherde. Kühe und Hunde hatten wir schon lange nicht mehr, dachte ich beim Anblick der Gehörnten. An einem Aussichtpunkt hatten wir einen Top-Fernblick mit Pfefferminzgeruch. „Da ist Stau…“. sagte Cappo und zeigte nach unten. „…See“ ergänzte ich seinen Anfang. „Und wir gucken bis zum Meer.“ „Ein See und ein Meer gleichzeitig aufn Bild.“ „Das Meer ist blau, der See ist grün, weil da die ganzen Blätter drin verrotten.“ blödelten wir rum. Eigentlich waren wir traurig, dass der Urlaub bald vorbei war. Cappo spielte den Mutigen – er trinkt Zitronensaft pur. Stan Laurel und Louis De Funes hätten keine besseren Gesichter ziehen können. Sein berühmtes: „Molto Saurus“ hörte ich auch noch.
In Ortale machten wir wieder eine Espressopause. Cappo zeigte auf ein Flachdach und sagte erklärend: „Das ist schiefer.“ Ich brauchte einen Augenblick bis ich wusste was er meinte. Die Schieferplatten. Weiter des Weges mit immer mehr Meerblick dachte ich schon:
Jetzt kommt nichts mehr. Denkste! Die Insel hatte noch was in Petto für uns.
Wir mussten durch einen behauenen Tunnel, der durch den Berg führte. Ok, hatten wir auf unseren Reisen schon zuhauf. Aber hinter dem Loch ergoss sich ein Wasserfall wie im Bilderbuch. Der „Cascade De L’Ucelluline“. Ein Schildchen, wahrscheinlich aus privater Hand, wies auf Unglück hin. Laut Google sollen hier wohl schon mehrere Leute beim besteigen des Wasserfalls umgekommen sein.
Die schöne Gegend und die tollen Kurven hörten an der Kreuzung D230 und T20 auf. Ende, Aus Finito, Schluss mit Lustig. Auf der Schnellstraße fuhren wir vorschriftsmäßig nach Bastia. Nochmal blitzen muss nicht. Es war genau 16:00 Uhr und wir hatten 175km auf den Tagestacho als wir den Parkplatz erreichten und die Motoren abstellten. Wehmut überkam uns. Wir bekamen dasselbe Zimmer wie letztes Mal, rödelten unsere Sachen ab und redeten dabei über diese fantastische Insel, die wir pannenfrei befahren haben. Kreuz und quer. Rauf und runter. Es war ein phantastischer Urlaub. Am meisten freute ich mich über den Satz von Cappo: „– ich freu mich schon auf den nächsten Urlaub mit dir.“
„Komm, wir machen jetzt eine Arschbombe innen Pool.“ Es kam aber anders. Ab zum Meer, wo alles Anfing und nun Aufhört. Wir genossen noch die letzten Sonnenstrahlen am Strand. Heiko sagte noch: „2170km. davon ist die Quersumme 10.“ Wir nahmen Abschied vom Strand, ich singe: „…an der Nordseeküste…“ und Cappo meint trocken aus der Hüfte geschossen dazu: „falsche Ecke!“ Wir bewunderten noch eine Zeit lang die vielen Libellen in der Dämmerung. Cappo fiel wieder ein Gag ein: „Das sind Liebe Libellen, keine Bösebellen. Ein reiner Libellenflughafen hier.“ Vom Balkon des Hotelzimmers filmte ich noch Mal den Zug, wie er beim Anfahren losbrüllt und bei unserem Italiener um die Ecke bekamen wir mal eine richtige Calzone, gebacken von einem Italiener wie es sich gehört. Dem entsprechend schmeckte sie auch: Lecker.
Cappo hatte nach Bezug des Zimmers den Laptop gestartet und zog das Formel1-Rennen aus dem Netz. „Schauen wir heute Abend.“ war sein Kommentar und das schauten wir bis ganz spät nachts noch an.
12.09. Donnerstag um irgendwann Uhr und Freitag (Rückweg)
Wir hatten gefrühstückt und hatten Zeit, viel Zeit. Die Fähre ging erst abends um 20:00 Uhr. Ergo um 19 Uhr an der Fähre sein. Wir planten einen Großeinkauf im Leclerc und einem Stadtbummel durch Bastia. „Also Städtebummel ist nicht so richtig was für mich.“ meinte Cappo nachdem uns langsam die Füße weh taten. Es lohnt sich aber wirklich, Bastia einen Besuch abzustatten. Die Stadt mit der lebhaften Place Saint-Nicolas, dem pittoresken alten Hafen und der genuesischen Zitadelle zieht sich gegen Westen den Hang hinauf. Dahinter liegt der Hausberg Serra di Pigno.
Für die korsische Wirtschaft ist Bastia von großer Bedeutung, weil Täglich eine Lastwagenfähre den Hafen anläuft und die Insel mit allem Notwendigen versorgt. Die vielen Sehenswürdigkeiten will ich hier gar nicht aufzählen. Eine letzte Pizza genossen wir im Restaurant Le Bounty.
Die Verladung auf die Fähre ging problemlos von statten und das Schiff legte pünktlich ab. Mit einem Blick auf den Vollmond über dem Meer verließen wir das Deck und gingen pennen.
Das entladen am nächsten Morgen war auch kein Problem.
Der Rückweg nach Deutschland verlief genauso Pannen- und fast Stau-frei wie der Hinweg.
Während der Fahrt listeten wir nochmal unsere Highlights zusammen.
Unser Fazit:
Eine Fahrt nach Korsika lohnt sich allemal. Man sollte aber genügend Geld in der Tasche haben. Wer hier allerdings seinen Schräglagenrekord brechen möchte, sollte es doch lieber auf der Rennstrecke versuchen. Ich habe mit Absicht bei unseren Stopps die Kilometerstände und Uhrzeiten notiert, weil man damit das Durchschnittstempo kalkulieren kann. Als Beispiel: wenn wir in Südtirol oder den Französischen Alpen unterwegs waren, lag unser Durchschnitt bei ca. 50-60km/h. Hier auf Korsika, auf den kleinen Bergstraßen, bei höchstens 30-35 km/h.
Die Insel bot uns täglich mehrere Überraschungen und es wurde nie Langweilig. Selbst die Küstenstraße D81 und D818 haben 5 Piratenpunkte verdient. Die Hauptverbindungsstraßen T-sowieso haben wir weitestgehend vermieden. In den Bergen finden sich kaum mal grade Streckenabschnitte die 100m lang sind. Wir fanden nur Kurven. Cappos Reifen beweisen es. Cap Corse bleibt uns in guter Erinnerung, genauso wie der Naturpark Nordost, die Region um Aulen mit den riesigen Bäumen und, und, und.
Als Übernachtungstipps empfehlen wir das Hotel Lido Marana in Bastia und wer unterwegs buchen möchte, die Städte Ponte Leccia und Aulene als Ausgangspunkte. Von dort aus kann man am besten in die Regionen auf kleinen guten Straßen in die Berge mit Top-Aussichten starten, ohne Strecken doppelt fahren zu müssen.
Verblüfft waren wir auch über die verschiedenen Strände. Mal Tourihochburg, mal einsam und verlassen, aber alle sauber. Jedenfalls die, die wir gesehen haben.
Tankstellen gibt es mehr als genug in den großen Städten, in den Bergen kaum. Was uns auch positiv auffiel war, dass die Lokale, in denen wir speisten, ihre Produkte aus der lokalen Region bezogen. Das erklärt auch die Preise und den guten Geschmack. Die Internetverbindung ist hervorragend, außer im Naturpark. Da kann Deutschland nicht mithalten.
Wir hörten von anderen Touristen, dass die korsischen Autofahrer rücksichtslose Raser sind. Das würden die vielen abgestürzten Fahrzeuge in den Bergen ja bestätigen, jedoch trafen wir zu 99,9 Prozent auf die Fahrer/innen, die uns ohne Probleme ziehen ließen. Grade die älteren, so hatten wir den Eindruck gewonnen, waren froh, dass man Sie in Ruhe lies.
Unser Urteil
Es war mit einer der besten Motorradurlaube die wir je unternommen haben.