Flexibilität gemixt mit Freiheit und „Ihr könnt mich mal“
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Fakten
Tage: 2 Anreise- und 8 Motorradtage
Kilometer: 2328 (XJ) & 2230 (GPZ) (+ 1300 Auto)
Motorradfahrzeit: 67 Stunden 20 Minuten
Verbrauch:
94,12 Liter (XJ) & 87,47 Liter (GPZ)
4,04l/100km (XJ) & 3,92l/100km (GPZ)
Kosten: rund 1000 Euro pro Person
Teuerster / Billigster Sprit: 1,80€ / 0,98€
Teuerste / Billigste Unterkunft: 220€ / 79€ (DZ mit Frühstück)
Länder: Österreich, Lichtenstein, Frankreich, Schweiz, Italien
Karte
Prolog
Anfang des Jahres 2017 machten wir uns einen Kopf wann und wohin die diesjährige Motorradtour hingehen soll.
Das Ziel stand schnell fest – Aostatal und seine Sackgassen, besser seine Täler – und die beiden St. Bernhards. Die Silvretta-Hochalpenstraße soll auch dabei sein. Alles Weitere wird vor Ort geplant.
Das „wann“ entschied sich im Laufe des Frühjahres.
„Wenn wir den Trailer von Angelika wieder bekommen könnten, schlage ich vor: Mopped auf n Hänger – bis Österreich – das Gespann da parken wie auf unserer letzten Reise und los.“
„Vorher will ich aber noch neue Kerzen einbauen und hinten ´ne neue Pelle aufziehen.“, sagt Cappo.
Gesagt, geplant… und los.
Start unserer Route und Ziel der Anreise ist Höfen bei Reutte: Gasthof Lilie. Eine nette Unterkunft mit freundlichem Personal.
Motorräder abladen, Vorbereitungen abschließen, Abendessen und im Bett auf den nächsten Tag freuen.
Tag 1. – 13.06.2017
Abfahrt: Höfen (09:37 Uhr) – Ankunft: Bludenz (18:14 Uhr)
Kilometer: 275 – Fahrzeit: 08:36h
Die Nacht war nicht so prickelnd, da uns eine Spinne unter der Decke geärgert hat. Nicht lange, da sie sich unter dem Bettkasten verkrochen hat. Ich glaub die sitzt da heute noch 🙂
„Erst in einen Supermarkt, Verpflegung für den Weg einkaufen.“, bestimme ich. „Apfelspritzer“ hab ich noch im Kopf. Eine Art Apfelschorle, ohne Zucker und sowas von lecker. Das schmeckt sogar warm. 1,5 Liter am Tag gehen davon gehen locker durch, wenn nicht sogar mehr. Gibt es leider nur in Österreich im Billa Markt.
Erstes Ziel über den Fernpass – Telfs – Mötz – Sattele, Baustellenampeln wegen Erhaltungsarbeiten – Amldorf Ochsengarten – die Ötztalstraße zurück auf die B171. War für den Anfang nicht schlecht. Sprit kostet 1,18€, doch unsere Tanks sind voll – ein Fehler.
Schöne Kurven, die Schräglage wurde immer besser und die Kühe, die teilweise auf der Straße standen, überraschten uns nicht wirklich. Man muss halt nur aufpassen und nicht schneller als sein Schutzengel fahren, so ermahnen uns auch die Schilder. In meinem Alter nimmt man sich sowas schon zu Herzen.
Zwischen Karres und Imst biegen wir ab über Wenns zur Piller Höhe und Piller. Die Aussicht ist famos und zu uns gesellt sich ein Motorradfahrer aus Bayern der dieses zu seiner Hausstrecke zählt. So schön hätten wir es auch gern.
Wir schauen uns noch einen Prozession aus Stahlfiguren an, lesen uns deren Bedeutung durch und fahren weiter: Ziel zur Silvretta Hochalpenstraße.
Aber erst noch durch Piller, Fuchsmoos, Flies bis Landeck.
Zur Hochalpenstraße durchfahren wir die Orte Ischgl und Galtür, die fast wie ausgestorben wirken, weil es Skigebiete sind.
Die Silvretta kostet uns 12 € pro Motorrad und wir genießen die Ruhe die da oben ist. Wir machen eine Espressopause am Stausee und treffen auf Motorradfahrer aus Altenbeken und Driburg, die allerdings nicht zusammen touren. (Ein Trio Lipper ist uns auch schon begegnet – vorher am Zugspitzblick.) Ein Smalltalk der sich hinzog und gegenseitig eine weitere „gute Reise“ zum Abschied hatte. Nette Leute.
Wir entschieden uns noch für die Sackgasse nach Gargellen, es war kein Fehler hinauf zu fahren, wo Cappo noch einen blinden Passagier mitnahm. Einen Schmetterling unter seinem T-Shirt 😀
Wir kamen an diesen Tag bis nach Bludenz – der Einhornstadt – buchten eine Nacht im Schloß Hotel, finalisierten den Tag mit einen kleinen Stadtbummel und Feierabend für heute.
Waren ja „nur“ 275 schöne Kilometer.
Tag 2. – 14.06.2017
Abfahrt: Bludenz (09:58 Uhr) – Ankunft: Bellinzona (17:48 Uhr)
Kilometer: 237 – Fahrzeit: 07:49h
Er beginnt unspektakulär. Nach dem Frühstück satteln wir und fuhren Richtung Lichtenstein, aber vorher noch in einen Billa Markt wegen dem Apfelspritzer.
Auf unserer Route zum San Bernadino Pass eine „langweilige Strecke“, es war nass aber nicht kalt. Für Regenkombis nicht nass genug.
In Chur sind wir nach Arosa abgebogen. Vor langer Zeit waren wir schon mal hier und es begrüßte uns damals ein Schild auf dem folgendes stand: „Willkommen in Arosa – Wir wünschen Ihnen 365 Kurven Spaß“. Hier aber war es nass und Kurven machten keinen Spaß. Wir haben auch das Schild nicht wieder gefunden. Wer weiß, vielleicht haben wir es damals ja fotografiert. So richtig mit Fotoapparat – Smartphones gab es noch nicht. Also brachen wir die Sackgasse ab und fuhren westwärts.
Sprit kostet hier 1,53SFR = 1,39€ – Lichtenstein war glaub ich teurer.
In Cazis schien die Sonne wieder und wir gönnten uns eine Espressopause. Die nette Serviererin gab uns noch ein paar Tipps wie wir mit unseren „Töffs“ die schönste Strecke zum San Bernadino Pass hochfahren. Ein Stück weit sind wir den Splügenpass hochgefahren, war aber nicht unsere geplante Tour und Himmelsrichtung.
Vorbei an einem Magic Wood gabs einen zusätzlichen Halt an einer Hängebrücke, auf der wir erst mal rumdameln mussten. Dann weiter den San Bernadino hoch.
Eine schöne absolute Kurbelei, gerne wieder. Die Auf und Abfahrt sind ein Gedicht. Aber mann muss aufpassen, dass man nicht auf die „Autobahn“ kommt.
Wir fuhren noch bis Bellinzona wo wir uns in das vollautomatisierte Hotel Liberty einbuchten.
Wenn die Vollautomatisation funktionieren würde und uns kein Reisebus voll besetzt mit Ostasiaten dazwischen gekommen wäre, tja dann wäre es eine feine Sache gewesen. So aber dauerte das einchecken fast eine geschlagene Stunde und es fing wieder an zu regnen.
Direkt neben dem Hotel ist eine Pizzeria in der der Pizzabäcker eine sehr große Ähnlichkeit mit dem F1 Rennfahrer Alan Prost hat. Seine Pizza war super, wir haben jeder 1,5 Calzone verdrückt. Die haben wir uns nach 237km auch verdient!
Tag 3
Abfahrt: Bellinzona (08:54 Uhr) – Ankunft: Aosta-Sarre (19:51 Uhr)
Kilometer: 394- Fahrzeit: 10:57h
15.06.2017 – in Deutschland ein Feiertag. Wir sind schon um 09:00 Uhr auf Tour zum Sankt Gotthard-Pass hoch. Wir sind auf der „Grad-Tour-Route“ unterwegs. Absolut ruhig auf den Straßen, in den Dörfern. Schlagartig um 10:00 Uhr wurde alles wach. Wir pausierten um die schöne Aussicht zu genießen und Cappo malte Reifenschräglagenbegrenzungslinien, seinen manuellen Schräglagensensor, über unsere Reifen, bis auf einmal alle Glocken in den umliegenden Orten läuteten und die ersten Motorräder von weitem zu hören waren. Jetzt sind alle wach.
Die Auffahrt zur Passhöhe war etwas Besonderes, viel Kopfsteinpflaster, weite und enge Kehren und oben auf der Passhöhe alles voller Menschen. Wir blieben nur kurz und fuhren weiter zum Furkapass. Vorbei am Rhone Gletscher, der gar nicht mehr da ist, oder bin ich hier falsch? Das war doch hier bei dem Hotel?! Ein kurzer Stopp und weiter. Oben auf dem Furkapass ist es sehr, sehr nett und nicht so überlaufen wie der vorherige Pass. Also weiter zum Grimselpass mit einem kleines Päuschen am Totensee. Auf den Weg dorthin kamen wir durch das Örtchen Gletsch und mussten unbedingt wieder einen Espresso in uns auftanken. Eine echt tolle Pässe-Runde dort.
Es wurde richtig schön kurvig zum Nufenpass hoch. Die Auffahrt hat richtig herrliche Aussichten, es war angenehme 23° warm und die Striche über den Reifen waren weg. Nix Angstkante.
Ich amüsiere mich immer wieder über SUV-Fahrer aus Deutschland, die meinen mit ihren überbreiten, leistungsunterforderten Fahrzeugen alles in der Hand zu haben, und dann von den hiesigen kleinen Seat-Leon Fahrern versägt werden. Lachende dritte sind wir…
Auf den Weg runter vom Pass kamen uns einige Sattelschlepper entgegen und die sind in den Kehren alles andere als angenehm. Anfahren, runterschalten und Voooooooollbremsung wegen Blechwänden.
Weiter auf der B19, die Furkastraße. Eine nette Bummelei lag vor uns und wir durchfuhren nett anzusehende Dörfchen wie Münster und Reisch entlang am Fluss Rotten.
Bei 33° mussten wir in Brigg mal Benzin und Espresso nachtanken und sahen zum 1.ten mal die Polizei auf unserer Tour. „Ob wir heute noch bis nach Aosta kommen“ fragte ich und der Schweiß lief in Strömen. Wir wollten abkürzen und über Riddes zum „Großen Sankt Bernard“ hoch. Der Mount Rouge mit über 4500m zeigte sich links von uns, dahinter müsste das Matterhorn sein, denke ich so vor mich hin. Leider waren die Zufahrtstraßen nach Riddes alle gesperrt und nur mit Umwegen zu erreichen. Bei einem Blick auf die Karte kam in Riddes ein Bewohner auf uns zu und erklärte und den Unterschied zwischen der Bergtour (Schotterweg) und der Bundesstraße zum Gr. Sankt Bernhard.
„Die Bundesstraßen ist die längste pfeilgrade Straße in der Schweiz, wenn nicht sogar in Europa, auf der schon Rennen gefahren worden sind. Darauf seid ihr in ca. einer Std auf dem Bernhard.“, so erklärte er. „Über die Schotterpiste braucht ihr doppelt so lange.“
Da es schon ziemlich spät war entschlossen wir uns über Sion und Martigny zum Großen Sankt Bernhard zu fahren. Bei einer Rast in der Nähe von Sion, natürlich im Schatten, sahen wir ein Hinweisschild zum Unterirdischen See. Eintritt 10€. Wir haben es gelassen.
Um 18:20 Uhr waren wir dann auch oben auf dem Bernhard und genossen die herrliche Aussicht, denn es war nichts los hier oben, absolute Ruhe…
Auf den Weg runter überquerten wir die Grenze nach Italien und bekamen ein teuflisches Grinsen ins Gesicht als wir die ersten Schilder mit „Tornanti“ sahen. Allerdings ärgerten uns auch einige Baustellenampeln (BstA).
Wir buchten uns ins Hotel Panoramique in Sarre oberhalb von Aosta ein. Ein tolles Ding mit super Aussicht auf die Stadt Aosta. Bis auf…
Nach Einchecken und Abendessen noch auf der Balkonterrasse auf die Stadt schauen. Die Bewohner der Nachbarzimmer saßen auch dort, redeten lautstark oder telefonierten. Auf einmal waren die weg!? Warum? Etwas später hatten wir die Lösung: Nicht sichtbare oder hörbare Mücken. Wir waren zerstochen ohne Ende und hatten mehrere Tage was davon.
Der Tag war lang und wir hundemüde. Heute haben wir ja auch 359km abgespult.
Tag 4. – 16.06.2017
Abfahrt: Aosta-Sarre (10:19 Uhr) – Ankunft: Introd (18:23 Uhr)
Kilometer: 234 – Fahrzeit: 08:04h
Wir sind erst um 10:20 Uhr los. Es war warm. Wir gurkten aber nicht durch die Stadt Aosta sondern am Berg Vertan entlang über Meod Dessus und Charbonniere zum Colle San Carlo.
In La Thuile gab es noch n lecker Espresso und dann weiter hoch zum „Kleinen Sankt Bernard“ und wieder mit BstA. „Schwupps, schon biste wieder in Frankreich“ grinsten wir uns an. „Bis Bourg Saint Maurice! Weiter will ich nicht, waren wir schon auf unserer Route de Grand Alpes.“ sagte ich und bekam Zustimmung von Cappo. Also zurück über den kleinen Bernhard, den Mount Blanc diesmal linke Seite, wo wir in La Thule Espresso und Benzin nachtankten.
„Ab jetzt fahren wir in die ersten Aosta Sackgassen oder besser in die Täler ein“ sagte Cappo. „Ich bin ja mal gespannt“ meinte ich dazu. Das erste Tal heißt Val Grisenche und schraubt sich zuerst wie ein steiler Pass den Berg hinauf bevor es etwas flacher und breiter zugeht. Auf dem Weg bis zum Ende sind rechts und links viele Wasserfälle zu sehen. „Imposant wenn man sieht was Wasser für eine Kraft hat wenn es steil fällt und unten aufklatscht.“ sagt Cappo bei einem Stopp.
Am höchsten Punkt, aber nicht am Ende des Tals hatten wir einen schönen Überblick über Almwiesen, Stausee und Gipfel. „Komm, wir fahren noch runter zur Touri Hütte und schauen mal ob wir um den Stausee rundum fahren können“ schlug Cappo vor. Das „runter“ hatte es in sich, wie im Sturzflug, bis 35% Gefälle. Es klappte, allerdings auf eigene Gefahr, so lasen wir auf den Hinweisschildern und kamen in Bonne wieder raus.
Es war schon wieder spät und wir entschlossen uns in Introd eine Unterkunft zu suchen und wenn es geht ohne Mücken. Wir können das Hotel „Relaise du Paradise“ wärmstens empfehlen. Zimmer toll, alles pikobello, Service von Manuela einmalig und nett, sowie viele Angebote Marke „Homemade“ zum Frühstück. Ich schwärme eigentlich nie von Hotels, aber in dieses könnte ich einziehen. Zum Abendessen mussten wir allerdings auswärts fahren, es gibt nur Frühstück. Macht nix 🙂
Vollgefressen fielen wir müde ins Bett auch wenn wir nur 229km gefahren sind. Die alten Mückenstiche jucken noch wie Teufel und schwollen sogar an. Wir haben trotzdem gut geschlafen.
Tag 5. – 17.06.2017
Abfahrt: Introd (09:06 Uhr) – Ankunft: Pont-Saint-Martin (19:03 Uhr)
Kilometer: 329 – Fahrzeit: 09:52h
Gut gefrühstückt machten wir uns um 09:00 Uhr auf die Reise. Manuela beneidete uns, sie fährt selbst auch Motorrad, kommt nur selten dazu.
Es geht auf zum Val Savarenche. Nicht so steil wie Val Grisenche, da es wie eine engere Schlucht wirkt. „Kopf in Nacken und Gipfel gucken geht oft nicht, der Helm lässt es nicht zu.“ sagte ich bei einer Schaurast. Ein Fluss fließt neben der Straße her bis fast ganz oben. Wir sind im Nationalpark Gran Paradiso, das Ende heißt Pont und wir landen auf einem riesigen Parkplatz vor einer Kuhwiese.
Auf dem Weg zurück hat Cappo noch eine vollgefressene Schlange vorm Überfahren gerettet. Runter von der Straße rauf auf die Wiese. Retter sei Dank.
Im Aostatal wurde es richtig warm. Weit über 30°. In Villeneuve (bis dahin weitere BstA) kauften wir uns endlich in einer Apotheke etwas gegen die juckenden Mückenstiche.
Weiter zum Val de Cogne, das Ende des Tales für uns heißt Gimillan, so hoch wie es nur geht auf 1766m. „Die letzten 5km erinnern mich stark an das Samnauntal.“ sagte ich zu Cappo. „Jupp, nur die Spritpreise passen nicht. 1,80 pro Liter ist ja der blanke Wahnsinn.“ Da hat er Recht. Die kleine Rast dort oben dauerte etwas länger, denn wir mussten die Mückenstiche wieder verarzten, mein Tetrapack Apfelsaft ist geplatzt und mein Pinlock musste raus – und rauchen wollte ich auch noch…
Wieder runter ging es über kleine Sträßchen zum Lago Chamolé, der ist in manchen Karten gar nicht eingezeichnet. In meine Ersatzflasche habe ich den Rest Apfelsaft geschüttet und füllte ich mit kristallklaren Gebirgswasser auf. Machen wir öfter und es schmeckt gut. Links unten liegt Aosta breit und heiß vor uns doch wir fahren weiter über Gerdaz, Gressa bis Pila. Ein Skigebiet. Es ist angenehm kühl hier oben und es geht durch ein riesiges Parkhaus bis zum Ende. Nix los hier oben, aber der Mount Blanc liegt breit vor uns. Wir fahren durch das Parkhaus zurück ins nächste Kaffee und genießen 2 doppelte Espresso, die Aussicht auf den Mount Blanc und die herrliche kühle Luft. Soviel Zeit muss sein. „Als Val ist die Strecke nicht ausgezeichnet und trotzdem super zu fahren.“ sagt Cappo. „Na gut, kein Strich auf die Pass-, Valle-, Colle-, Joch,- Strichliste.“ grinste ich zurück.
Zurück Richtung Aosta wurde es immer wärmer. Visier auf und wir hatten das Gefühl es hält uns jemand eine Heißluftpistole ins Gesicht. 38° und kaum jemand unterwegs, geschweige denn Moppeds.
Die Strecke über Ruges, St. Marcel und Champremier erwies sich als absolute sch… Straße. Schön kurvig und durch kühlen Wald aber sowas von kaputt. Aber, ein Aussichtspunkt ließ sich das Matterhorn vor uns und den Mount Blanc links von uns in voller Größe ansehen.
Ich glaube das geht nur von hier aus. Man bekommt Respekt vor diesen riesigen Bergen mit ihren weißen Mützen. Irgendwo habe ich neulich mal gelesen: Große Berge brauchen Abstand, sonst wirken ihre Dimension und Erhabenheit nicht. Der Verfasser dieser Zeilen hat absolut Recht. Der höchste anfahrbare Punkt ist rund 2500km… das Matterhorn selber noch 2km höher.
Also wieder runter ins Tal, es ist immer noch brüten heiß, Tanken und weiter Richtung Matterhorn – Breuil-Cervina ins Valtournenche.
Wir erreichen das Ende des Tales gegen 17:00 Uhr. Es sind kühle 24°. Das Matterhorn kommt mir nicht mehr so riesig vor, doch seine Steilen Wände… wie und warum kann und will man nur da hochklettern. Ich jedenfalls nicht.
Wieder runter schlagen wir den Weg Richtung Colle di Joux ein. Auf den Weg dorthin nahmen wir von einem Wiesensprenger eine kleine Dusche mit. Natürlich mehrmals weil wir immer wieder hin und her fuhren. Es tat gut. Auf dem Colle waren wir um 18:00Uhr und es waren nur noch 21°.
Unsere heutige Übernachtung fanden wir im Hotel Crabun in Pont St. Martin. Auch dieses Hotel können wir wärmstens empfehlen. Super nett die älteren Herrschaften, sauber und geräumig die Zimmer. Preiswert dazu.
Mit einem Stadtbummel, Abendessen in einer Pizzeria in der der Pizzabäcker wohl einem Comic entsprungen ist (Bilder) aber sehr, sehr nett ist und einem Eis aus einer Eisdiele und einem Schlenker über den Stadtpark in dem Familien mit Kindern sich austobten, brachten wir den Abend gemütlich zu Ende. Und überall blaue Hortensien.
Nach 322km heute reicht es auch.
Tag 6. – 18.06.2017
Abfahrt: Pont-Saint-Martin (09:58 Uhr) – Ankunft: Orta (18:20 Uhr)
Kilometer: 308 – Fahrzeit: 08:21h
Die Mückenstiche jucken immer noch. Das Frühstück ist FIaF (Für Italiener ausreichendes Frühstück). Naja für uns auch. Man kann sich an die süßen Sachen am Morgen gewöhnen. Es ist ausreichend vorhanden.
Um 10:00 Uhr geht es ab zu Praline der Colles – Colle de Nivolett. Wobei der Colle wohl nur für Fußgänger gilt. Mit dem Motorrad darf man nicht rüber nach Pont ins Val Savarenche. Es wäre nur ein Hügelsprung entfernt 🙂
Aber bevor es losging mussten wir eine Minireparatur vornehmen: Die 2.te Feder vom Hauptständer der Kawa war ausgehängt. Ein Klacks, es gab nicht mal schmutzige Finger – danke Multitool.
Im Supermarkt eben noch ein paar Nahrungsmittel aufnehmen und los. Die Anreise ist lang genug. 110km ca. und das ganze wieder zurück.
Die Hauptstraße lang der SS26 nach Pavone, weiter nach Salassa und auf der Sp460 bis zum Lago di Ceresole mit BstA. Jetzt war es nicht mehr weit und die Strecke wurde endlich interessant. Kurvig, Kehren, tolle Steigung und Biker ohne Ende. Natürlich auch andere Verkehrsteilnehmer. „So viele Menschen hab ich auf der ganzen bisherigen Tour nicht gesehen.“ sagt Cappo mit leichtem Protest. Es ist 13:00 Uhr. Wir ließen den Gletschersee, die Ruhe und die Aussicht auf uns wirken, bis es zu voll wurde. Ob es sich wirklich gelohnt hat die 110km hier zu fahren? Keine Diskussion. Überall ist es schön. Jetzt müssen wir das ganze genudel zurück.
Allerdings entscheiden wir uns in Pavone ein Stück Autobahn bis Albiano zu fahren. Kostet 4,80€ für beide Motorräder. Weiter geht nach Piane und ab hier bis Biella auf der 338 ist die Straße wieder voll nach unserem Geschmack. Kurvig, Aussicht gut, Wetter gut und allein unterwegs. Biella gefällt uns nicht. Es wurde sauerländisch und nicht mehr alpin in der Berglandschaft. Zeit für die Wende nach Norden! Über Pray bis Seravalle ist die Strecke weiterhin ein schönes Geschlängel nach unserem Geschmack, der Mendelpass lässt grüßen, wenn auch mit BstA. schönen Kurven und top Asphalt.
Vor wie vielen Baustellenampeln (BstA) wir schon gestanden haben, mag ich nicht mehr zählen.
Eine Unterkunft am Lago di Orta im Hotel Laprodo ist schnell gefunden. Voll mit Touristen der Ort, erinnert aber mehr an den Möhnesee bei uns. Einmal innen Pool und den Abend ausklingen lassen.
„Wieviel haben wir heute abgefahren?“ fragt Cappo noch nach. „322km. Weit mehr als genug.“ Antworte ich bevor wir uns gegenseitig vollschnarchen.
Tag 7. – 19.06.2017
Abfahrt: Orta (09:37 Uhr) – Ankunft: Bormio (17:59 Uhr)
Kilometer: 333 – Fahrzeit: 08:11h
Da wir auf unserer bisherigen Tour mehr Zeit verbraucht haben als geplant, wobei geplant das falsche Wort ist, suchten wir einen für uns schönen Weg weiter gen Norden. Als wir unsere „Ur-Alt Karte“, die wir immer mitnehmen wenn wir in Italien sind, aufklappten, klappte uns die Kinnlade runter. Viele, zu viele Wege sind schon mit einem Textmarker markiert. Der Kern unseres geplanten Weges besteht nur noch aus Textmarkerlinien. „Da sind ja kaum noch Straßen die wir noch nicht gefahren sind“ bemerkte Cappo erschrocken.
Wir haben uns auf jeden Fall entschlossen, den Trubel um den Lago Maggiore, den Lago di Lugano und dem Lago di Como zu umfahren. Ab auf die Autobahn und Schnellstraße Richtung nördlicher Comer See rechte Seite – Ziel Varenna, ca.120km zügig voran. Leider am Moto Guzzi Werk Mandello del Lario vorbei.
In Varenna ein kleine Raucherpause mit Resümee. „Vor Jahren haben wir schon mal diese ganze Gegend abgegrast, kuck da drüben ist Menaggio, da haben wir in einer Jugendherberge geschlafen.“ erklärte mir Cappo. „Ja, lang ist s her.“ gab ich ihm Recht. “Ich werde mal die ganzen Routen, die wir schon abgefahren sind und nicht aufgezeichnet haben, nachrecherchieren.“ sagte ich ihm und notierte es mir in unser Roadbook, damit ich es nicht vergesse. Von Varenna bis Bellano, fuhren wir am See entlang bis Trivio Fuentes. Da zog es uns wieder in die Berge Richtung Majolapass. Es geht sehr schön kurvig dort hoch auf 1815m und um 13:45 Uhr sind wir auch oben. Der Silsersee und der Silverplanersee rufen eigentlich nach einer Pause, doch geraucht habe ich oben auf den Pass schon und wir möchten noch den Berninapass hoch. Leider müssen wir auch noch durch St. Moritz durch. „Stadtbummel können wir mit unseren Frauen in einem Extraurlaub machen, da hab ich jetzt keinen Bock drauf.“ sage ich zu Cappo vor einer der vielen roten Ampeln wartend. Er nickt nur und grinst so breit das der Helm bald vom Kopf flutscht.
Kein Verkehr auf dem Weg dorthin und wir können während der Fahrt sogar den Bernina Express filmen. Seine Strecke von Chur nach Tirano ist sehr bemerkenswert wie wir später an einer Schautafel ablesen können. Mit der Rhätischen Bahn durch ein Unesco Welterbe fahren, das nehme ich mir als Rentner vor.
Auf dem Bernina ist es herrlich kühl. Wir gönnen uns wieder 2 doppelte Espresso und testen unser erstes 360° Foto. Ein Erfolg der suchtgefährdet ist.
„Es geht es weiter Richtung Livigno. Volltanken ist dran und wir kriegen bis Bormio noch 2 Pässe mit. Passo Eira und Passo Foscagno, beide über 2200m.“ sagt Cappo, „Gerne.“ sag ich „Obwohl wir die auch schon mal gefahren sind.“
Ein Abstecher über Livigno ist nicht nur kürzer, der Liter Super kostet auch nur 98ct. Eine Mark günstiger als in Lichtenstein. Grins.
Der Zoll lässt uns unbehelligt ziehen und eine Übernachtung suchen wir uns in Bormio.
„Mir klingelt da was.“ sage ich als wir vor einem Supermarkt stehen. „Jo, mir auch, wir waren schon mal hier drin.“ antwortet Cappo. „Schauen wir später mal nach.“
Im Schatten suchen wir nach einem Hotel und werden auch fündig. Hotel Miramonti.
„Sind wir eben dran vorbeigefahren, sieht nach ´nem Nobelschuppen aus.“ sag ich zu ihm.
Hinfahren, fragen und Cappo kommt mit einem Grinsen aus der Rezeption, das bald um den Kopf rundum geht. „Kostet nur 79,00€ mit Frühstück mit Balkon.“ „Mit den Dummen ist Gott, den Saudummen hilft er.“ denke ich etwas lauter.
Das Hotel ist klasse – auch Biker und E-Mobilfahrer freundlich. Ladestationen auf dem Parkplatz. Muss ja mal erwähnt werden.
Der Concierge des Hotels hat die Freundlichkeit im Blut. Sowas habe ich noch nie erlebt.
Ein Schlenz durch die Stadt ließ uns erstarren als wir eine Pizzeria am Marktplatz sahen und uns die Erinnerung plötzlich einholte. „2015 – auf unserer Kuckuckstour waren wir schon mal hier. Grade mal 2 Jahre her.“ stellte Cappo fest. „Die Pizza haben wir hier sogar mit sehr gut bewertet.“ „Also, nix wie hin. Da ist noch n Platz frei. Mal sehen ob die immer noch gut ist.“ sagte ich. Und sie war es. „Gepennt haben wir damals im Hotel Lorenzo – gleich um die Ecke.“ erzählte Cappo aus dem Tourenbericht via Internet während wir auf die Pizza warten. „Jau mir klingelts. Es war sehr spät beim einbuchen und Frühstück gab es beim Bäcker nebenan.“
„Die Pizza ist immer noch klasse. Hiermit bestätigt.“ sagen wir uns beim Verlassen und Bezahlen.
Und wieder treffen wir auf blaue Hortensien.
Der Abend klingt mit einer Zigarette auf dem Balkon aus. „Und wieder 333km mehr auf der Uhr. Morgen ist leider Endspurt angesagt.“ „Jo, Leider.“
Tag 8. – 20.06.17
Abfahrt: Bormio (09:41 Uhr) – Ankunft: Höfen (14:46 Uhr)
Kilometer: 207 – Fahrzeit: 05:04h
Geweckt wurde ich durch Straßenlärm, Die Balkontür stand offen. Es ist 06:30Uhr. Das musste nicht sein. Tür zu.
Beim Frühstück, es war ausreichend und alles vorhanden, planten wir die Rücktour.
„Stilfser Joch, Prado, Reschen, Imst Höfen, so der Plan.“ „Jau, planen können wir viel und Pläne ändern noch viel mehr. So war es bisher, und es wird so kommen – wetten.“
Die Laune hebte sich wie der Sonnenschein als es wieder auf die Moppeds ging.
Das Stilfser Joch sind wir gefahren – Jupp. Aber nur von Südwesten her.
„Menno! So viele Touris hier. Das macht keinen Bock. Planänderung: Wir fahren über den Umbrailpass.“ Kein Protest meinerseits. Grins
Also wieder in die Schweiz. Kein Verkehr und es war herrlich hier zu fahren. Vor allem die letzten 8km nach St. Maria im Münstertal. Weiter über den Reschenpass vorbei am Reschensee mit Kirche drin (alles schon ein paarmal gesehen und fotografiert), und einen doppelten Espresso nicht weit weg der österreichischen Grenze.
Der Weg nach Landeck, Imst hatte es in sich. 40°. Mir wurde leicht übel. Zwangstrinkpause.
Was war es doch schön mal immer wieder durch einen Tunnel fahren zu können, aber hier gibt es keine. In den Tunneln war es immer herrlich kühl. Wir sind bestimmt dutzende durchfahren. Keiner von uns hat gezählt.
„Planänderung: Wir fahren über das Hantenjoch. Das war auf dem Hinweg noch gesperrt, bei der letzten Reise 2015 auch. Frage: Hitze oder machen?“ fragte Cappo bestimmend. Keine Frage: „Machen“ kam meine knappe Antwort. Und wir setzten die Planänderung um. Ja, wir ändern sogar die Änderungen. 🙂
Wir nennen sowas Flexibilität gemixt mit Freiheit und „Ihr könnt mich mal“. Frechheit siegt.
Das Hantenjoch ist leider die letzte Schönheit die wir mit unseren Moppeds für heute befahren. Muren Gefahr besteht immer, aber heute nicht. Wenn wir die riesigen Felswände betrachten und die Steinbetten darunter, oje, das möchte ich bei Gewitter bei alles Geld nicht fahren. Ich bin zwar öfter mal müde, aber nicht Lebensmüde.
Früh nachmittags sind wir in Höfen am Auto und Ausgangshotel. Alles noch da und wir bekommen dasselbe Zimmer mit Balkon.
Wir laden die Moppeds auf mit der Diskussion noch mal voll zu tanken weil der Sprit nur 1,18€/L kostet, lassen es aber – zumindest die Moppeds. Im Autotank ist aber noch nen Loch. Eine Probefahrt zum Supermarkt, testen ob alles hält, den Bestand Apfelspritzer aus dem Regal leerräumen, ein paar Spezialitäten für zu Hause mitnehmen.
Die Frauen zu Hause freuen sich bestimmt darüber.
Abendessen im Sennelokal. Das hat nichts mit der Senne in unserer Gegend zu tun, sondern kommt von dem Beruf Sennerin, was etwas mit der Käserei auf der Alm zu tun hat.
Unterhaltungsthemen sind genug aufgelaufen: Wie lautet das Motto dieser Tour? Wollen wir alle oder nur manche Hotels in unserem Bericht erwähnen? Alle Routen, die wir bisher gefahren sind, in einer Karte zusammenfassen?
Auf dem Balkon noch eine rauchen. „Es macht mir immer wieder Spaß mit dir eine Moppedtour zu machen. Pläne schmieden und verwerfen. Nicht zu viel „No Risk, no Fun“, … – immer wieder gerne.“ sag ich so zu ihm.
„Schön. Aber beim nächstes Mal aber wieder mit zentralem Hotel. Ein paar Tage ohne Koffer rumbolzen. Hanni hat bestimmt Zimmer frei und in den Dolomiten waren wir lange nicht mehr.“ ergänzt Cappo. „Jupp. Mit Friaul und Burgenland!“ ergänze ich…
„Und natürlich wieder mit unseren alten Moppeds. Du musst nächsten Monat übrigens zum TÜV.“, sagt er. „Die Plakette lass ich mir zufaxen.“ grinse ich.
Wie war das mit den Plänen?????
Unser Fazit dieser Reise:
- Hotel nie nach aussehen Beurteilen
- Pläne sind zum Ändern da, fallerie und fallera 🙂
- Internet und gute Karten im Maßstab 1:200.000 bis 250.000
- Anreise wieder mit Auto und Anhänger
Strichliste:
- Colle/Pass/Joch IIIII IIIII IIIII IIII
- Sackgasse/Tal IIIII
- Hochalpenstr. I
- Grenzüberschreitungen IIIII IIII