Schwarzwald-Schweiz-Italien-Saumauntal-Südtirol
13.05. – 20.05.2005
Prolog
2004 machten wir aus gesundheitlichen Gründen meinerseits keine Tour.
Dennoch standen die Pläne fest die wir auf unserer 2003er Tour geplant haben:
„Wie wäre es mal mit Schweiz, Österreich und Lichtenstein und so…“ schlug ich vor.
Bei einer nächsten Pause: „Wir sind doch im Jugendherbergsverband. Das können wir dann ja mal richtig ausnutzen.“ sagte er.
Wieder später: „Ich besorge uns mal Karten und ein JHB (Jugendherberge) Verzeichnis wo die ganzen Jugendherbergen aufgelistet sind.“
Wir hatten also genug Zeit zum Pläne schmieden. Zeitraum: über Pfingsten am besten. Wo lang: Schwarzwald, Schweiz und Lichtenstein und dann mal sehen.
Wir durchforsteten also langwierig das Jugendherbergsverzeichnis und übertrugen die Adressen auf die Karten die wir uns besorgt hatten. Es standen einige zur Auswahl. „Wenn wir hier einchecken können wir auch da mal lang fahren.“ Meine Frau amüsierte sich über unsere Pläneschmiederei.
Wir freuten uns riesig wieder auf Tour gehen zu können und meine Frau wünschte uns wieder viel Spaß und gute Fahrt.
Freitag, den 13.05.2005 um 10:00 Uhr es geht los.
Unser erstes Ziel hieß JHB Titisee im Schwarzwald. Das Wetter war top, es sollte sich aber zu Pfingsten hin verschlechtern.
Die Anreise verlief über die A33 bis Diemelstadt weiter über Arolsen, am Edersee vorbei.
Pause. „Bisher läuft alles top.“ meinte Cappo. „Jupp, sogar das Wetter spielt mit.“ antwortete ich dazu.
Im Handumdrehen, damit meine ich den Gasgriff, waren wir an Marburg und Gießen vorbei, Richtung Frankfurt und den Rest auf der Autobahn bis Offenburg.
Die Autobahnpassage zog sich wie ein Gummiband. Wir machten es wie immer: Alle 160km anhalten. Teils wegen einer Beinevertretungspause, teils zum tanken.
„Scheiß Autobahn!“ fluchte Cappo bei einem Halt. „Stimmt. Da gibs nur eins: in den Süden ziehen. Da hat man es nicht so weit bis ins schöne Land.“
Schwarze Wolken zogen über uns, als wir in Offenburg die Bahn verließen.
Das erste Highlight war die B500 im Schwarzwald. Panoramastraße – Schwarzwaldhochstraße. Der Name war Programm. Es war kühl, der Wind pfiff uns um die Ohren und die Aussicht ein Gedicht.
Die Hornisgrinde, mit 1,164 Metern der höchste Berg im Nördlichen Schwarzwald und
der sagenumwobene Mummelsee, Mehliskopf und Schliffkopfs entlockten uns ein gewaltiges „Boaaah! so kann das weitergehen“
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Angebote an Kuckucksuhren all überall. Es wurde feucht. Mist.
Wir wunderten uns darüber, dass die B500 bei Kniebis aufhörte und bei Triberg wieder anfing.
Mit „Schnick, Schnack, Schnuck“ entschieden wir uns über Bad Rippoldsau-Schapbach quer über den Berg nach Titisee zu fahren.
Für den morgigenTag nahmen wir uns eine kleine Rundreise für den Schwarzwald vor, auch wenn die Wetteraussichten nicht sehr viel versprechend waren.
Spät kehrten wir in der Jugendherberge Veltishof ein und machten es uns erstmal gemütlich und wärmten uns auf.
Die Mitbewohner der JHB waren alle sehr nett, bewunderten uns und unsere Ziele. Wir kamen schnell ins Gespräch mit den einem oder anderen. Es ist unsere erste JHB Übernachtung und wir waren total überrascht von der Sauberkeit, dem Service, dem netten Personal und der Geselligkeit der Menschen.
In einem Lokal am See aßen wir zu Abend und ließen uns den Tag nochmal durch den Kopf gehen. Wir fielen total kaputt ins Bett.
Samstag, den 14.05.2005
Nach einem ausgiebigen, tollen Frühstück und regen Austausch mit den Mitbewohnern der JHB, starteten wir ungeplant in den Tag. Rundkurs Schwarzwald, wenn wir schon mal hier sind.
Das Wetter nicht feucht, nicht trocken und auch die Sonne war nicht da. Diesig halt.
Nun ja, am Titisee waren wir nun und es ging die B500 weiter zum Schluchsee. Ein bisschen gucken hier und ein bisschen gucken da. Ok, ist schön hier, wie alle Stauseen. An der Staumauer schauten wir noch n bisschen und erfuhren, dass der See rund 65m Tief ist.
„Oje“ sagte Cappo, „wenn wir hier weiterfahren, kommen wir nach Blasiwald.“
Gleich hinter Häusern, so hieß der Ort, führte uns der Weg über St.Blasien und kleinere Ortschaften nach Todtmos nicht nach Koblenz 😊.
Über manche Namen, bzw. Bezeichnungen, haben wir gelacht bis zum Hustenreiz: Kohlhütte-Lampenschweine, Sägenbächle-, noch n paar Bächle, Herrenschwand, Ziepfelwald- und Gässlewaldweg.
Auf jeden Fall gefiel uns die Strecke über die kleinen Dörfer und zu sehen, dementsprechend zu fotografieren auch.
Vorbei am Gletscherkessel Präg gings weiter nach Todtnau bis hoch zum Feldberg.
„Gar nicht so viele Touris hier oben.“ staunten wir.
Das Wetter änderte sich zu unseren Ungunsten. Es kam auffrischende Feuchtigkeit runter. Also rein in die Regenkombis.
„Alter! In ein paar Kilometern sind wir schon wieder am Titisee.“ schaute mich Cappo enttäuschend an. „Sag noch mal Alter zu mir und wir fahren wieder nach Hause!“ blaffte ich ihn an, ohne es ernst zu meinen. „Alter“ sagte er ständig zu mir – war ne Modeerscheinung, ich kann damit leben.
„Ja und jetzt?“ fragte er.
„Zurück nach Todtnau und dann weiter querfeldein wie bisher Richtung Vogesen. Seid wann lassen wir uns von so ‘n bisschen Wasser aufhalten?“ stimmte ich ihn freundlich.
„Wo ist Vogesen?“ fragte er.
Ich zeigte es ihm auf der Karte. „Da! Frankreich!“
„Boah! So nah an der Grenze sind wir? Na dann man tau – locker wech – is nass.“ war seine begeisterte Antwort.
Naja, bis Staufen im Breisgau kamen wir so querfeldein. Weiter Richtung Grenze wollten wir dann doch nicht mehr, weil sich die auffrischende Feuchtigkeit sich in Regen und Teilweise in Starkregen änderte.
Ergo: „Fahren wir mal Richtung JHB zurück…muss ja nicht der direkte Weg sein“ waren wir uns einig.
Die Abendessenzeit in der JHB haben wir verpasst und Cappo machte sich noch mal auf den Weg eine Pizza holen. Die hat sogar geschmeckt.
Kurz vor dem zu Bett gehen verewigte sich Heiko noch auf der „Ich war hier Tafel“. Wer weiß ob und wann wir hier noch mal hierherkommen.
Sonntag, den 15.05.2005 (Pfingstsonntag)
Es regnete. Wir bummelten beim Packen, beim Frühstücken, beim reinpellen in die Regenkombis und beim Verabschieden.
Unser erstes Ziel für heute hieß: Rheinfall Schaffhausen.
Vorbei am Schluchsee über Bondorf zur Schweizer Grenze. Es schüttet. „Lass uns mal ne Pause da unterm Dach machen.“ sagte Cappo bei einem Ampelhalt und zeigte auf ein Bahnhofgebäude. Ich stimmte zu, weil meine Finger schon steifgefroren waren. „Kühl hier und das im Juni.“ sagte ich zu ihm und versuchte mir eine Zigarette zu drehen. „Wird das noch was mir deinem Hugo?“ fragte er mich grinsend, weil ich leise vor mich hin fluchte. Mit nassen, klammen Fingern eine zu drehen ist gar nicht so einfach
Der Regen war weg, es wurde warm und ich zog mein Regenkombi aus. Wir steuerten eine Tanke an. „Ich zieh meine Regenkombi auch aus.“ “Es wird lichter und trockener so sagte der Tankwart mir.“ sagte ich zu ihm. „Ok, dann glauben wir ihm mal. Wehe nicht…“ „Was dann?“ fragte ich. „Dann komm ich zurück und frage ihn woher er seine Infos bekommt.“ „Aha, ohne mich.“ kommentierte ich seinen Plan.
Es blieb tatsächlich trocken. Am Rheinfall angekommen tummelten sich viele Touristen. Wir uns auch.
Der Rheinfall ist mit 23 Meter Höhe und 150 Meter Breite einer der größten und wasserreichsten Wasserfälle Europas. Nur wenige Kilometer vom Bodensee entfernt, gehört der Rheinfall zu den großen Attraktionen dieser Gegend. Er liegt westlich vom Untersee in der Schweiz und lockt zahlreiche Reisende an, die von mehreren Plattformen aus, einen faszinierenden Blick auf die Wassermassen zwischen den Felsen haben. Diese Informationen nahmen wir noch mit und eine Toblerone auch.
Es zog uns weiter.
Am Flughafen vorbei nach Zürich und da standen wir mit unseren Talenten. Keine Vignette und der einzige ausgeschilderte Weg führt über die Autobahn. Unsere Karte gab nicht viel her durch Zürich durch.
An einer Ampel fragte Cappo einen Rollerfahrer der neben ihm stand. Ich habe nix verstanden, es war zu laut rundherum. Ich sah von hinten nur die Gesten und verstand als dieser nickte und uns aufforderte ihm zu folgen. Na prima, das Problem wäre gelöst. Der Rollerfahrer drehte auch noch ordentlich am Gashahn und im Handumdrehen waren wir über eine Stadtautobahn durch Zürich durch.
Wir bedankten uns bei ihm und steuerten die nächste Tanke an. „Mann, hatte der n Speed drauf.“ „Jau, nicht schlecht Herr Specht.“ antwortete ich. „Was habt ihr an der Ampel alles besprochen?“
„Er sagte, dass die Stadtautobahn Gebührenfrei ist. Wir müssten nur die richtige nehmen. Wir sollten ihm folgen, wenn wir können.“
„Na sowas. Diese Töff Fahrer!!“ „Was sind Töff Fahrer?“ fragte Cappo nach. „Motorrad und Rollerfahrer in der Schweiz werden so genannt. Motorräder heißen hier Töff. Es gibt sogar eine Zeitschrift die so heißt.“ erklärte ich ihm.
Etwas später kam er mit Getränken aus der Tanke und sagte: “Die Zeitung gibt’s wirklich. Sieht aus wie unsere „Motorrad“.“ „Siehste…“ grinste ich.
Nächste Halt Zuger See.
Es war nur ein kurzer Stopp. Eine rauchen, n bisschen gucken und ein oder zwei Fotos schießen und weiter. „Nix besonderes.“ meinte Cappo gelangweilt.
Am Vierwaldstättersee ging es uns ähnlich. Nur ist dieser Teich etwas ansehnlicher ist und der Ort Brunnen uns sehr gefallen hat. Wir fuhren die Uferstraße weiter und hielten in der Nähe der Panoramabank noch mal an.
„Jetzt habe ich genug Seen gesehen.“ sagte Cappo. Mir fiel auch ein Spruch dazu ein: „Wenn ich ein See seh´, brauch ich kein Meer mehr.“ Er lachte.
In Altdorf noch ein Foto von dem Wilhelm Tell Denkmal schießen und dann ab in die Berge.
In Andermatt peilten wir den St. Gotthard an. In Hospental kamen wir an der ersten JHB vorbei die wir uns für unsere Tour notiert haben, jedoch war es noch viel zu früh am Tag.
Der Aufstieg zum Gotthard Pass war ein Gedicht. Von Norden herkommend wenig Kopfsteinpflaster und kurz vor ganz oben alles Überdacht. Gott sei es Gedankt bei so viel Schnee.
Weiter kamen wir auch nicht. Der Furkapass war gesperrt. „Schon wieder zu früh.“ sagte Cappo. Mir war es egal, es war kalt hier oben und das Mitte Mai und Schnee bis zum abwinken. Der Wind die Hölle, er drückte uns immer wieder auf die Gegenfahrbahn. Doch die Straßen waren soweit frei.
Bei einem Halt unter einem Dach verfluchte ich den Berg vor laufender Kamera und mit den Schlussworten: „Den Berg können sie mir schenken.“ Cappo meinte dazu nur in die Kamera: „Die Schweizer verschenken hier aber keine Berge 😉 „
„Also, ich schlage vor bis Airolo zu fahren schauen uns dort die JHB an und wenn die auch nichts ist, fahren wir zurück, hier über den Gotthard Pass.“ sagte Cappo. „Ja klar, wir haben noch kein Ziel für heute.“ sagte ich. „Und vom Norden hier haben wir noch nicht viel gesehen.“ war sein Argument.
Das einzige was mich störte war das nicht freundliche Motorradfahrwetter. Er war mancherorts ein wenig viel feucht und saukalt.
Die JHB in Airolo war geschlossen. Pech oder Glück. Also über die Katzenköppe zurück über den (verfluchten) Gotthardpass nach Andermatt. Wir wollten ja noch im Norden bleiben.
Je weiter wir nach Hospental kamen, desto besser wurde das Wetter. „Gute Entscheidung!“ lobte ich ihn. Es zog uns Richtung Chur über den Oberalppass. Wir kamen aber nur bis zum Oberalppasssee. (Was für ein Wort😊) und dann eine schöne Pause. Der Oberalpsee befindet sich auf der Urner Seite der Passhöhe des Oberalppasses. Der See befindet sich gänzlich auf dem Gebiet der Gemeinde Andermatt und liegt auf einer Höhe von 2027 Metern über Meer. Am Passübergang standen wir im Schnee und in der Sonne. Herrlich.
Die späte Nachmittagssonne wärmte noch ein bisschen.
„Auffi nach Chur. JHB Arosa.“ forderte ich ihn auf. „Vielleicht gibt’s zum Abendbrot ein Käsefondue.“
Er grinste nur. Zwischendurch sahen wir zwar die Gleise vom Bernina Express, doch den Zug sahen wir nicht.
In Tamins sah ich noch im vorbei fahren das Hinweisschild „Kunkels Pass“ und überlegte woher ich den Namen Kunkel aus dem Fernsehen kannte.
Es wurde immer später und wir wollten spätestens um 18:00 Uhr in der JHB sein. Die Beschilderung war top. Durch Chur durch ein Hinweisschild: „Arosa – wir wünschen Ihnen 365 Kurven Spaß.“
Wir schauten uns an, ein Grinsen verbreiterte das Gesicht das nur durch Ohren gestoppt wurde und
die Kopfmelone breiter werden ließ.
Erst gemächlich und später ein Gewürm an Kurven das die Reifen das Heulen anfingen, sinnbildlich gesehen.
Oben angekommen: Erst die Freude an den Kurven verdauen und dann den Ärger. Die JHB war geschlossen.
„Also alles zurück nach Chur.“ freute sich Cappo schon auf die Kurven. Ich auch und hinterher.
Ein schöner Abschluss zum Feierabend.
Im Stadtzentrum an der Infotafel suchten wir nach einer Unterkunft. Die Preiswerte war geschlossen und die einzige die noch was frei hatte war das Ibis Hotel.
Einchecken…Abendessen im MC Donald darunter und den Preis für die Übernachtung verdauen.
Montag den 16.05.2005 (Pfingstmontag)
Das Frühstück viel fast aus. Wir hatten nur Übernachtung gebucht und wollten morgens bei Mäckes frühstücken. Wir waren etwas früh da und bekamen ein mageres Angebot aus Croissant und Kaffee.
„Gleich auf in die Berge. Ich habe auf der Karte eine tolle Strecke entdeckt.“ strahlte Cappo. Ziel Albula Pass.
Zwischen Malix und Churwalden sah ich rechts oberhalb der Straße am Berg einen Uniformierten stehen, Cappo wohl nicht.
Keine 200m weiter kam die Kelle. Die erste während unserer Reisen.
Mir schwante nichts Gutes und wir hatten uns eigentlich nichts vorzuwerfen. War mir keiner Schuld bewusst.
Kurzum: “Wohin, Woher, was Vater und Sohn. Toll. Viel Spaß und weiterhin gute Reise.“ so der Tenor der Beamten. Also alles nett verlaufen. Bei einem späteren Halt sagte ich zu Cappo:“ Die haben nicht mal gemerkt, dass ich Ihnen aus versehen den FZ Schein von meinem PKW gezeigt habe.“ „Mein Führerschein hat sie auch nicht interessiert. Auf jeden Fall war das unsere erste Kontrolle.“ antwortete er.
„Hoffentlich auch unsere letzte!“ musste ich dazu noch los werden.
Wir eroberten also den Albula Pass weit vor Mittag. Natürlich mit Halt am Albula See und es war scheissenkalt.
Der Albula See ist ein Bergsee auf dem Gebiet der Bündner Gemeinde La Punt-Chamues. Er liegt direkt an der Albulapassstrasse etwas unterhalb der Passhöhe auf 2294 Metern über Meer.
Nasskalt und windig hier oben. Ich verzog mich in den Windschatten eines Lokals das geschlossen hatte um zu rauchen.
Sankt Moritz ließen wir links liegen, denn es ist ein luxuriöser alpiner Ferienort im schweizerischen Tal Engadin interessiert uns nicht. Also nix für uns und vorbei am Silvaplana See, dem Silsersee. Der nächste Halt am Majola Pass. Es war immer noch kalt und feucht und fluchen half nichts, sonst beschlägt das Visier zu doll.
Wir trollten uns weiter uns stellenweise war es dermaßen neblig, dass man soeben noch das Vorderrad sehen konnte. Im Schritttempo eierten wir Richtung Civenna.
Das Wetter änderte sich schlagartig. Klar, wir waren ja in Italien. Frohen Mutes beschlossen wir kurzfristig noch zum Splügenpass zu fahren. Am Stausee Lago di Montespluga war wieder ringsum Schnee. Uns war nur zu einem kurzen Stopp und fuhren weiter. „Hoffentlich wird das nicht noch schlimmer mit dem Schnee.“ sagte ich nicht grade erfreut als ich die Schneemassen sah. „Der Pass war schließlich 2114m hoch und der See nur 1908m.“ „Die 222m machenden Kohl auch nicht fett.“ rechnete Cappo schnell aus. Machte es auch wirklich nicht. „Wir haben uns die falsche Jahreszeit ausgesucht.“ meinte Cappo. „Beim nächsten Mal sind wir schlauer.“ war meine Antwort dazu „Mal sehen wir es am San Bernadino ist.“
Es ging also wieder Richtung Schweiz. An der „Galerie am Splügen hatten wir eine tolle Aussicht. Ich, in Ruhe rauchend, genossen wir die schöne, in der Kälte stehend, die Aussicht
Über den San Bernadino, dessen gut ausgebaute, Kehren reiche und landschaftlich sehr schöne Straße Graubünden und das Rheinwald- mit dem Misox-Tal verbindet ging kein Weg dran vorbei. An der Passhöhe liegt inmitten einer hochalpinen, vom Gletschereis verschliffenen Felslandschaft der kleine See Laghetto Moesola. Das musste sein.
Unsere weitere Route führte uns durch die Ortschaft San Bernadino. „Bloß nicht auf die Autobahn.“ rief ich ihm während der Fahrt zu. Es nieselte und es war Schweine kalt. Die Aussicht auch nicht so prickelnd.
Wir rochen schon italienische Luft in Roveredo, nicht zu verwechseln mit Rovereto am Gardasee. Die Geschäfte hatten offen, was ein Wunder für uns. Einkaufen tat Not. In einer kleinen Werkstatt, direkt an der Hauptstraße gegenüber dem Lebensmittelgeschäft, bekamen wir für Cappos losgerappelter Hupe eine neue Mutter, zum Befestigen.
Wir querten die Regionen Grenze Graubünden/Tessin und suchten in Giubiasco bei Bellinzona einen Weg über Pianezzo und Sant Antonio TI nach Menaggio am Comer See. Den gab es aber nicht: „Höchstens zu Fuß.“ sagte Cappo und verwies auf ein Wanderwegweiser. „Och nöööh, näh“ kommentierte ich enttäuscht. Also fuhren wir die ganze Chose zurück und am Luganer See zum Hostel am Comer See.
Am ganz späten Nachmittag sind wir endlich angekommen. Es war nett dort. Nix los in der Herber und Cappo filmte den Como See aus unserem Fenster raus. „Lago di Como.“ ist sein Kommentar auf dem Film. Ich konnte nichts anderes dazugeben als: „So viele Lagos gesehen, die können wir gar nicht mehr aufzählen.“
Nach dem wir meine festsitzende Vorderradbremse auf dem „großzügigen“ Parkplatz repariert hatten und die vorsichtshalber mitgenommenen Belege ersetzt haben, verzogen wir uns zum Pizzaessen ins Dorf. Eine Pizzeria direkt am See wurde uns empfohlen. Es goss in Strömen als wir uns auf dem Weg machten. Das Essen war echt lecker.
Zurück im Hostel erwartete und das Chaos pur. Wir waren in einem 8 Personenzimmer mit 4 Doppelstock Betten untergekommen und hatten es für uns alleine. Jetzt nicht mehr. Alle Betten voll und auf dem Fußboden lagen auch noch 2 Personen auf einer Matte im Schlafsack. Morgens um 5:30 Uhr fragte einer der Mitschläfer ob jemand 5 Euro wechseln könnte. Ich war kurz vor dem platzen.
Dienstag, den 17.05.2005
Cappo machte mit einer jungen Frau aus fernen Ländern Bekanntschaft beim Frühstück. Sie unterhielten sich im flüssigen Englisch. Ich konnte da nicht mithalten. Ein Spatz gesellte sich zu uns auf den Frühstückstisch. Die Sonne lachte erbarmungslos auf uns hinab. Das ganze Hostel war wie leergefegt. Keiner mehr da. Wir planten unser Ziel für heute: Meine Ex Kollegin Antonietta in Como zu besuchen. Von Ihr und Ihrer Schwester lernte ich die italienische Sprache so gut, so dass wir uns sehr gut auf Italienisch unterhalten konnten. „Auf dem Hinweg können wir ja noch ein bisschen durch die Lepontische Alpen durchfahren.“ schlug Cappo vor.
Das unterfangen erwies sich als schwerer als gedacht. Alle Straßen mündeten in Sackgassen und es ging nur noch zu Fuß weiter. Von Menaggio starteten wir also Richtung Süden und suchten einen Weg über den San Benedetto.
Die kleinen Straßen mit Null Verkehr gefielen uns immer besser. Die Aussichten waren grandios. Schneebedeckte Berge in der Ferne und unterhalb konnten wir den Comer See ausmachen.
„Die haben schon eine schöne Gegend hier.“ sagte Cappo bei einer Rast. „Klar, aber nur hier. Weiter Richtung Como wird es wieder hektisch und unschön.“ sagte ich.
In Como fuhren wir ein paarmal im Kreisherum bis Cappo endlich die kleine Straße nach Blevio entdeckte. 3 Mal sind wir dran vorbeigefahren bis er fluchend, das hört ich sogar während der Fahrt, abbog. Wir folgten der SP583 bis Nesso und bogen in die Berge auf die SP44 ab bis wir in Civenna eine Espressopause machten. „Im Norden heißt eine Stadt Chiavenna und hier heißt sie Civenna“ bekundetet Cappo mit Recht, weil er meinte diesen Ort schon mal gelesen zu haben.
Die Kurverei gefiel uns so gut, dass wir nicht den Ausleger vom Comer See folgten, sondern über Valbrona Richtung Erba stachen. „Jetzt ist es schon 14 Uhr durch. Lass uns mal nach Antonia fahren. Wir sind nicht weit weg von Ihr.“ schlug ich vor und Cappo studierte die Karte. „Joo, so quer durch vielleicht 30 km. Aber voll durch die Industriegegend.“
Ganz so schlimm war es dann doch nicht. Die schnellen Hauptstraßen mieden wir und schlängelten uns von einem Ort zum anderen. Alles war super ausgeschildert und wir kamen schnell durch.
Am Ortsschild Erba fing Cappo an zu lachen und rief:“ Halt mal, das muss ich fotografieren!“ „Warum? ist doch nix besonderes!“ – „Doch! Bei uns heißt Erba umgangssprachlich für Drogen; das Gras.“ Na gut, da musste ich auch lachen.
Der Stadtteil den wir suchten hieß Gentile, den wir auch schnell gefunden haben. Eine ältere Frau fragte ich nach der Straße, diese fragte mir erstmal Löcher in den Bauch. Wer seid ihr? Woher kommt ihr? was wollt ihr hier? Alle Fragen schön beantwortet erklärte sie mir dann den Weg. Nach knapp 5 Minuten waren wir auch schon da und wurden mit einem „Hallo“ begrüßt wie ich es noch nie erlebt habe. Selbst die Nachbarn wurden zusammengerufen um uns zu begrüßen, bzw. Cappo wegen seiner Größe zu bewundern. „Was mit dem Motorrad von Deutschland nach hier? Ist das nicht gefährlich? Da tu bestimmt das Hinterteil weh. Schön das Ihr heile angekommen seid. So der Tenor der Nachbarschaft.
Die Sache mit „auf n Sprung“ war wohl nichts. Nach der Wohnungsbesichtigung in allen Einzelheiten wurde der Tisch gedeckt. „Und bevor nicht alles aufgegessen ist, kommt ihr nicht weg.“ sagte Toni. (Das war ihr Spitzname) Das kann ja heiter werden. Nicht nur Kaffee und Kuchen vom allerfeinsten sondern auch zum Abendbrot wurde eine Masse aufgefahren als wenn wir Könige wären. Und geschmeckt hat es sehr, sehr gut. Mittlerweile ist es weit nach 21 Uhr und duster draußen. Regnen tat es auch noch. Es wurde uns zwar angeboten bei Toni zu übernachten, aber wir lehnten es ab und bedankten uns für die hervorragende Verköstigung.
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Der Rückweg zum Hostel war eine Tortour. Kaum Straßenlaternen und Regen. Bei Cernobbio wurde ein Rollerfahrer von einem Auto touchiert, der da lang hinschlug. Der Autofahrer und wir hielten, wollten unsere Hilfe anbieten. Der Rollerfahrer hatte aber nichts Besseres zu tun als den Autofahrer anzupöbeln und gegen seine Tür zu treten. „Da halten wir uns raus.“ und fuhren weiter.
Leicht durchfeuchtet und immer noch vollgefuttert kamen wir an. Das Zimmer für uns alleine. Ich gönnte mir noch ein Bier, welches ich an der Rezeption kaufte und wir planten im Aufenthaltsraum den Rückweg.
„Wenn wir wirklich noch ins Samnaun Tal fahren und nicht zu viel Zeit verplempern, könnten wir noch bei Hanni vorbeifahren. Hier über den Mendelpass.“ Sagte er mit einem grinsen im Gesicht als wenn die Route schon feststand. „Reden wir drüber, wenn wir dort sind und halten die Option mal fest.“ So schlecht fand ich seine Idee nicht.
Mittwoch, den 18.05.2005
Die Sonne schien und wir hatten keine Lust auf „nach Hause“. „Ich könnte noch glatt eine Woche bleiben.“ sagte Cappo beim „sieben Sachen“ zusammenpacken. Wir stellten uns vor das geöffnete Fenster und jabbelten in die laufende Kamera: “Wir wollen noch nicht nach Hause…. wähähäääää!“
Es nutze nichts. Gen Norden am Comer See und wieder am Silsersee vorbei durch St. Moritz durch. Wir gönnten uns ein Espresso ganz in der Nähe des Moritzsees und trollten uns auf der Landstraße 27 weiter. Kurz vor dem Ziel Samnaun wurde es ganz nach unserem Geschmack. In den Berg gehauenen Naturtunnel und darinnen zappenduster mit Kurven. Mir war teilweise ganz schön mulmig. Von Vinadi im Inntal führt die Straße ins Schweizer Zollausschlussgebiet von Samnaun. Diese mit Tunneln durchsetzte Strecke ist teils sehr eng, aber landschaftlich ganz besonders reizvoll.
Bis auf die Benzinpreise waren wir von dem Ort ganz schön enttäuscht. Einen VW Polo mit Gütersloher Kennzeichen verführte uns zum Schmunzeln. „Also fahren wir noch übern Mendel?“ fragte Cappo mit großen Augen. Wir überschlugen die Kilometer und die Zeit die wir brauchen. „200km zum Mendel, viel grade Straße und wenn der Reschenpass nicht zu voll ist …. und wir haben noch gut Zeit.“
„Auf die Plätze Fertig …fertig!“ und er saß schon wieder abfahrbereit auf seinem Bock. Auf der österreichischen Seite der B180 ging es (fast) vorschriftsmäßig zum Reschen ohne Probleme. Ab dem Reschen See wurde der Verkehr dichter und dichter. Wir überholten alles was uns im Weg stand und manches mal wurde mir auch angst und bange. Allein von Naturns bis Marling ging uns so manches Mal die Geduld aus und über Lana konnte ich mich während der Fahrt wieder etwas erholen.
Den Ersten Stopp nach Samnaun machten wir erst am Gampenjoch und schnauften tief durch. „Das war ein Höllenartiger Ritt.“ sagte ich rauchend und in die Ferne schauend. „Das brauche ich nicht jeden Tag. Unser Schutzengel hatte wohl gewaltig viel Hilfe. Dafür gibt es ein Extragebet.“ Und was macht der Bengel? Er grinst nur und sagt frech:“ Wirst wohl langsam alt? Wah?“
Nun gut. Die Strecke die jetzt kommt kennen wir ja aus dem „FF“ und meine Befürchtung, dass er den Mendelpass wieder wie eine besengte Sau runterbügelt bestätigte sich nur teilweise.
Uns lief zwar nicht die Zeit davon, es war erst 18:00 Uhr, aber ich freute mich schon auf Hanni, die Pizza und ein kühles Forst. Und wenn wir schon von Bozen nach Hanni fahren, dann bestimmt nicht die SS12, sondern die SP73, unseren in früheren Berichten genannten „Rittenweg“, der über Klobenstein und Lengstein führt.
Mit einem riesigen „Hallo“ wurden wir begrüßt und mussten erst mal erzählen. Danach gab es Neuigkeiten aus dem Dorf. (Hanni, verzeih, – Stadt).
Hanni mag es nicht, wenn ich zu dem Kaff Klausen Dorf sage. 😊
Auf diesen gelungenen Teil des Rückweges machten wir es uns diesen Abend so richtig gemütlich. Wir genossen die bekannte Geselligkeit mit Klaus, Paul und Co.
Donnerstag, den 19.05.2005
„Ja klar.“ antwortete Cappo auf meine Frage beim Frühstück, ob er für heute was aufn Schirm hat. „Rein in die Berge, egal wo. Von mir aus auch die berühmte Sella Runde.“„Also frei nach Schnauze.“ entgegnete ich und so kam es auch.Also ließen wir es ganz locker die Sella Runde angehen. Schnell wäre übertrieben, aber bummeln total untertrieben.
„Wir waren in den letzten Jahren schon zu oft hier. Wir müssen nächstes Jahr mal unbedingt mal woanders hin.“ sagte Cappo mit einem leisen missfallenden Unterton an einem der Passhöhen.„Ich bin für alles offen.“ konnte ich ihm nur anerkennend zustimmen.
„Süd Frankreich Alpen, Pyrenäen, Normandie, Slowenien und Kroatien, alles auf dem Landweg zu erreichen. Schottland und Norwegen wären eine Sensation.“ schlug ich ihm als nächste Reiseziele für unsere Motorradtouren, bei einem leckeren Espresso vor.Bei jedem Land das ich vorschlug, bekam ich ein Kopfnicken zur Bestätigung.„Dann halten wir mal Süd Frankreich fest. Das geht doch bis Monaco runter, oder?“ „Ja klar, nahe an der Grenze zu Italien. Riviera. Auf der französischen Seite heißt dieser Küstenabschnitt Côte d´ Azur.“ „Warst du da schon?“ fragte er. „Nein, da noch nicht.“ war meine kleinlaute Antwort.
Wir genossen die super Aussicht und das absolut geile Wetter. „Wie für uns gemacht.“ sagte ich als ich die Vorschläge so nebenbei niederschrieb.
Ergo beschlossen wir mal so ganz nebenbei wo die Reise in Zukunft mal hingeht. Das planen und buchen ist ja Dank Internet besonders Easy geworden und der gemeinsame Euro tut den Rest dazu.
Abends schlürten wir durch Klausen, wo wir Cappos mit Edding verewigte Signaturen aus vergangenen Jahren wiederfanden. „Hehe, die sind immer noch da.“ grinste er verschmitzt. „Wir können uns ja mal Aufkleber besorgen, denn nur Narrenhände…“ – „beschmieren Tisch und Wände.“ ergänzte er den Satz. Er behält doch die Sprüche die ich ihm ab und wann an den Kopf werfe, die auch einen Sinn haben. „Schreib das mit den Aufklebern mal auf. Ich kümmere mich darum.“ Abends saßen wir wieder mal im Torrglkeller. Die Lokale hier in Südtirol haben nicht nur leckere Speisen, sondern auch was richtig Gemütliches an sich.
Freitag, den 20.05.2005
So richtig eilig hatten wir es nicht nach Hause zu kommen. Uns graute nur wieder vor der stundenlang, ewig langweilige Autobahn Rückfahrt die uns ab München bevorstand. Mit Südtiroler Hausbroten (Brötchen mit Fenchel und/oder Kümmel) für meine Frau im Gepäck trollten wir uns Richtung Heimat. Das Wetter spielte im Gegensatz zur Hinfahrt gut mit. Es war die übliche Tortour. Alle 160km halten.
Kochel am See eine längere Rast und auf dem letzten Rastplatz vor zu Hause noch mal die Ohren von der langen Autobahnfahrt frei kriegen. Ein paar Worte als Resümee und den Plan für die nächste Tour festhalten, und wer weiß was bis dahin noch so alles auf den Zettel kam.
Rund rum haben wir wieder was dazugelernt und freuen uns auf die nächste Tour. Denn eins ist sicher: Das erlebte nimmt uns keiner und so mancher beneidet uns auch. Wir machen weiter.
Wir – die Asphaltpiraten. 😊
Übrigens: den Namen Kunkel aus dem Fernsehen kannte ich von dem Film: 3 Männer im Schnee. Der Geheimrat Schlüter nannte seine Hausdame die Olle Kunkel
Bilder: